Obstseife in der Türkei Nur nicht reinbeißen!
Seife hat die türkische Stadt Edirne berühmt gemacht: Seit Zeiten des Osmanischen Reichs wird sie in Obstformen gegossen und bemalt. Ein Geschäftsmann will die duftenden Früchte auch nach Deutschland bringen.
In der Produktionshalle von Can Ürenli in Edirne ist es warm und es riecht fast schon penetrant - nach Seife. Ürenli ist Chef der Firma edmis, die besondere Seifen herstellt: Sie sehen aus wie Obst.
Das rohe Seifengranulat wird im Mixer zu einer teigigen Masse verarbeitet. Je nachdem kommen noch Duftessenzen und Glyzerin dazu. Dann wird die Masse erhitzt und vorgeformt und das Ganze in Stücke geschnitten. Die werden in Förmchen gepresst - jedes Stück Obstseife einzeln.
Ist die Seife in Form, bearbeiten Ürenlis sieben Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter die Oberflächen - drücken etwa die typischen Poren einer Orangenschale in die Seife und malen jedes einzelne Stück an.
Edmis Produktionshalle in Edirne: Hier werden die Obstseifen gefertigt.
Handwerk aus dem Osmanischen Reich
Echte Handarbeit, von der Ürenli und seine Leute leben: "Wir machen rund 200.000 US-Dollar Umsatz im Jahr - nicht viel", sagt er. "Aber wir wollen das Geschäft ausbauen, langsam aber sicher wachsen."
Was für die einen Geschäft ist, ist für die anderen Kunsthandwerk. Im Kulturzentrum in der Stadtmitte von Edirne sitzt Sengül Cinar an einem großen Werktisch. Vor ihr liegt ein Pfirsich wie aus dem Bilderbuch. Es fühlt sich sogar so an, als habe er die feinen Härchen der Pfirsichhaut. Aber auch der Pfirsich ist aus Seife.
Sieht aus wie ein saftiger Pfirsich, besteht aber aus Seife: Ein Stück aus der Manufaktur in Edirne.
Cinar unterrichtet vor allem Hausfrauen darin, Obstseifen herzustellen. Mehr als 100 Stunden dauert die Ausbildung, sagt sie: "Wir versuchen, dieses traditionelle Handwerk in diesem historischen Gebäude zu erhalten. Die duftende Obstseife ist ein seit dem 17. Jahrhundert im Osmanischen Reich gängiges Handwerk."
Schon damals waren die Seifen begehrt: Sultane und Fürsten beschenkten damit ihre Frauen, ihre Töchter legten die Seifen zwischen Stoffe und Kleider für ihre Mitgift. Heute sind die Obstseifen ein Markenzeichen Edirnes. Mitten in der Stadt türmt sich in einer gut drei Meter hohen Schale Obst aus bunt angemaltem Stein. Unwillkürlich denkt man an Seifen.
Eine Obstschalten-Statue in der Stadtmitte von Edirne erinnert an die Obstseifen.
Export nach Deutschland geplant
Ursprünglich hätten osmanische Juden die Obstseifen in Edirne eingeführt, erzählt Recep Zipkinkurt von der Handelskammer der Region: "Die Obstseife ist ein Originalprodukt aus Edirne, aber wir beobachten, dass allmählich auch anderswo Obstseife hergestellt wird. Sie ist ein Geschenkartikel", erzählt er. In seinem Büro stehen riesige Obstkörbe - voller Seifen. "Wir haben auch exportierende Unternehmen in Edirne, es sind zwei bis drei professionelle Unternehmen. Soweit ich weiß, exportiert eine davon in bis zu 40 Länder."
Kistenweise Seifenobst.
Das könnte Can Ürenlis Firma sein. Vor einer Weltkarte zählt er die Länder auf, in die er seine Obstseifen liefert. Nur Deutschland ist nicht dabei. Doch das soll sich bald ändern - mit Hilfe von Muzafer Asani. Er lebt seit Jahrzehnten in Sinsheim in Baden-Württemberg. Auf die Obstseifen ist er zufällig gestoßen: "Mein Onkel lebt in Istanbul und dann hab ich das bei meiner Tante auf dem Tisch gesehen und sie gefragt, was das ist", erzählt er. "Ich fand das sehr interessant, weil es das in Deutschland nicht gibt und ich möchte das nach Deutschland führen."
Als Kunden stellt sich Asani Hotels vor, Kureinrichtungen und Krankenhäuser - und Privatleute. Er denkt sogar an einen eigenen Obstseifenladen in Sinsheim. Wenn es klappt, wäre allen geholfen - ihm, Ürenlis Firma und der Stadt: "Das ist halt eigentlich auch unser Ziel: dieses Geschäft größer zu machen, dass Edirne bekannt wird", sagt er.