Regierungsbildung in Österreich Van der Bellen empfängt FPÖ-Chef Kickl
Kommt es erstmals zu eine FPÖ-geführten Regierung in Österreich? Vieles deutet darauf hin, dass Bundespräsident Van der Bellen Parteichef Kickl heute den Auftrag zur Regierungsbildung erteilt. Beide trafen sich zum Gespräch.
Österreichs Präsident Alexander Van der Bellen und FPÖ-Chef Herbert Kickl haben Gespräche über eine mögliche Regierung unter Führung der Rechtspopulisten begonnen. Es wird erwartet, dass Van der Bellen Kickl den Auftrag zur Bildung einer Regierung erteilt - eine Bestätigung dafür gibt es jedoch bisher nicht. Das Treffen soll voraussichtlich etwa eine Stunde dauern.
Der Bundespräsident begrüßte Kickl am Vormittag per Handschlag. Eine Erklärung Van der Bellens ist für den Nachmittag geplant.
Vor der Wiener Hofburg, dem Sitz des Bundespräsidenten, versammelten sich Gegendemonstranten, der österreichische Rundfunk ORF berichtete unter Berufung auf die Polizei von rund 500 Teilnehmern.
Bereits früher ÖVP-geführte Bündnisse mit FPÖ
Die FPÖ hatte die Parlamentswahl im September mit knapp 29 Prozent der Stimmen gewonnen. Zunächst wollte niemand mit ihr und ihrem umstrittenen Parteichef Kickl regieren, doch nach dem Scheitern der Verhandlungen über ein Mitte-Bündnis schwenkte die bisherig Kanzlerpartei ÖVP um. Sie ist jetzt doch dazu bereit, mit der FPÖ über ein Bündnis zu verhandeln.
Beide Parteien hatten bereits in den 2000er Jahren und zwischen 2017 und 2019 Koalitionen gebildet, allerdings unter ÖVP-Regierungschefs. Nun könnte erstmals die FPÖ das Kanzleramt übernehmen.
Zuvor müssten sich die beiden Parteien jedoch auf ein Regierungsprogramm einigen. Bei Themen wie Migration und Steuern sind sie weitgehend einig. Doch zwischen der Moskau-freundlichen und EU-kritischen FPÖ und der ÖVP gibt es Differenzen in Sachen Außen- und Sicherheitspolitik.
Gespräche über Mitte-Bündnis gescheitert
Nach der Wahl im September hatten ÖVP und SPÖ Koalitionsverhandlungen mit den liberalen NEOS aufgenommen, um den Einzug von Kickl ins Kanzleramt zu verhindern. Die NEOS stiegen aber am Freitag aus den Gesprächen aus, am Samstag dann scheiterten die Verhandlungen auch zwischen ÖVP und SPÖ.
Bundeskanzler Karl Nehammer, der sich stets gegen eine Koalition seiner ÖVP mit der FPÖ ausgesprochen hatte, kündigte an, in den kommenden Tagen als Regierungs- und Parteichef zurückzutreten. Sein Nachfolger an der ÖVP-Spitze, Christian Stocker, erklärte sich offen für Verhandlungen mit der FPÖ.