Transferverhandlungen mit der Briefkastenfirma Spitzensportler im Visier
Sportrechte sind ein lukratives Geschäft. Die "PanamaPapers" zeigen, wie sich auch Spitzensportler über Offshore-Gesellschaften vermarkten. Unter ihnen: Formel-1-Pilot Nico Rosberg und der argentinische Nationalspieler Gabriel Heinze.
Nico Rosberg ist Formel-1-Rennfahrer, der für Mercedes-Benz fährt und einen der "Silberpfeile" steuert. Der deutsche Autobauer ist der Arbeitgeber, der deutsche Fahrer der Arbeitnehmer - eigentlich recht einfach - sollte man zumindest meinen. Doch die Wahrheit stellt sich deutlich komplizierter dar. Die "PanamaPapers" ermöglichen einen Einblick in ein verschachteltes Arbeitsverhältnis.
Der Mercedes-Rennstall, selbst nur eine Tochtergesellschaft der Daimler AG, hat einen Vertrag über die "Fahrer-Dienste" von Nico Rosberg mit einer Firma namens "Ambitious Group Limited" abgeschlossen. Sie hat ihren Sitz auf den Britischen Jungferninseln in der Karibik, gehört offiziell zwei anderen Unternehmen mit Sitz auf der Insel Jersey im Ärmelkanal und wird von der Anwaltskanzlei "Mossack Fonseca" in Panama verwaltet. Die "Ambitious Group" ist eine Briefkastenfirma. Ihre Anschrift: De-Castro-Straße 24, Tortola, Britische Jungferninseln. Es ist dieselbe Adresse, unter der Hunderte anderer Firmen in den Unterlagen von "Mossack Fonseca" registriert worden sind.
Auf dem Papier sind die Eigentümer der "Ambitious Group" zwei weitere Briefkastenfirmen: die "Magnus Nominees Limited" und die "Fidelis Nominee Limited" mit Sitz auf Jersey. Dies sind die beiden sogenannten Schein-Gesellschafter, die dazu dienen, den wahren Eigentümer zu verschleiern. Ein Service, den man beim Offshore-Vermittler "Mossack Fonseca" dazu buchen kann. Die "Fidelis Nominee Limited" steht übrigens schon länger in Verbindung mit der Familie Rosberg: Die Firma war auch Schein-Gesellschafterin der "Euro Promotions Inc", in deren Namen Nico Rosbergs Vater Keijo Rosberg 1997 ein Haus auf Ibiza verkauft hat.
Bank, Daimler und Rosberg geben sich schmallippig
Als Kontaktmöglichkeit mit der "Ambitious Group" gibt die Firma auch eine Fax-Nummer an. Es ist die Nummer der Offshore-Abteilung der "Coutts-Bank" in Großbritannien - nicht irgendein Finanzhaus. Die Bank gehört zu den ältesten der Welt, in Großbritannien genießt sie einen besonderen Ruf: Hier soll die Queen angeblich ihr privates Konto führen. Die "Coutts-Bank" hat, das belegen die "PanamaPapers", dabei geholfen, die "Ambitious Group" einzurichten. Eine Stellungnahme zu dem Unternehmen oder zu Nico Rosberg lehnt die Bank ab.
Auch die Daimler AG gibt sich schmallippig. Die "Ambitious Group" gehöre nicht zur Unternehmensgruppe, heißt es. Viel mehr nicht. Dabei mag die Konstruktion so gar nicht zur propagierten Daimler-Kultur passen. 2011 hat der Konzern ein Vorstandsressort namens "Integrität und Recht" eingeführt, auf der Webseite kann man lesen: "Integeres und regelkonformes Verhalten unserer Geschäftspartner ist für uns eine unabdingbare Voraussetzung für vertrauensvolle Zusammenarbeit. (…) Wir behalten uns vor, die Zusammenarbeit zu beenden, wenn Geschäftspartner unsere Standards unterlaufen." In diesem Fall ist der Geschäftspartner offenbar eine Gesellschaft, die geführt wird von Scheindirektoren und beheimatet ist in einem Land, dem die OECD vorwirft, "nicht kooperativ" zu sein und das die EU auf eine Liste von Steueroasen gesetzt hat. Ob und wie Daimler geprüft hat, wer hinter der Firma steckt - darüber wollte der Konzern nicht sprechen. Eine Sprecherin sagte dazu lediglich, "wir hatten bezogen auf unsere Geschäftspartner und unsere Aktivitäten in dieser Konstellation bislang keine Auffälligkeiten".
Auch Nico Rosberg will keine Fragen mehr beantworten zu der "Ambitious Group", nicht einmal die, ob ihm die Firma gehört. Dabei hatte sich sein Manager auf die Anfrage von NDR, WDR und "Süddeutscher Zeitung" hin mit den Reportern treffen wollen. Mehrfach schlug er ein solches Treffen vor, bis schließlich ein Termin in München vereinbart war. Aber zuvor meldete der Anwalt Rosbergs: Die Anfrage betreffe die "Privatsphäre". Es gebe kein Fehlverhalten seines Mandanten, weswegen der sich auch nicht zu erklären hätte. Ein Treffen kam nicht zustande. Hinweise darauf, dass sich die Daimler AG oder Nico Rosberg durch die Offshore-Konstruktion strafbar gemacht hätten, gibt es in den Unterlagen keine.
Fußballer Tayfun Korkut bezog Gehalt über Offshore-Firma
Als Fußball-Trainer war Tayfun Korkut zuletzt erfolglos: Nach 13 sieglosen Spielen musste er im April 2015 bei Hannover 96 seinen Stuhl räumen, seitdem wartet er auf eine neue Verpflichtung. Als Spieler hingegen konnte sich der in Stuttgart geborene Deutsch-Türke international durchsetzen. Unter anderem spielte er in den Jahren 2000 bis 2003 beim baskischen Verein Real Sociedad San Sebastián.
Die Unterlagen zeigen: Mit diesem Team einigte sich Korkut darauf, einen großen Teil seines Gehalts nicht direkt, sondern mit Umweg über eine Offshore-Firma zu bekommen - vorbei an den spanischen Steuerbehörden. Getarnt wurde dies als Lizenzgeschäft: Korkut übertrug im Juni 2000 die Rechte an seinen Bildern an die eigens dafür eingerichtete Bahamas-Gesellschaft "Redway Limited". Die wiederum verkaufte die Rechte am gleichen Tag über eine zwischengeschaltete Gesellschaft in den Niederlanden an Real Sociedad. Die "Redway Limited" kassierte dafür rund 3,4 Millionen D-Mark - ihr wirtschaftlich Berechtigter, also der eigentliche Empfänger des Geldes, war wiederum Tayfun Korkut. Trotz mehrfacher Anfragen war Korkut zu einer Stellungnahme nicht bereit. Real Sociedad sagte auf Anfrage, der Verein kommentiere die Bezahlung seiner Spieler nicht. Ein Sprecher erklärte lediglich, dass Bezahlungen über Offshore-Gesellschaften bei spanischen Fußballclubs üblich waren und sind.
Doch Korkut ist nicht der einzige Real Sociedad-Spieler, der dieses System nutzte. Die "PanamaPapers" zeigen, dass der ehemalige Manager des Vereins, Inaki Otegui, zahlreiche Briefkastenfirmen verwaltete. Nutznießer waren unter anderem der türkische Nationalspieler Nihat Kahveci und der serbische Nationalspieler Darko Kovacevic. Kovacevic soll laut dem spanischen Online-Medium "Extraconfidencial" offiziell nur rund 1500 Euro im Monat verdient und versteuert haben, gleichzeitig gingen mehr als 35.000 Euro monatlich an seine Offshore-Gesellschaft. Der Verein soll so fast 10 Millionen Euro Steuern hinterzogen haben. 2010 flog das Konstrukt auf und die spanischen Behörden forderten Nachzahlungen von Verein und Spielern. Als diese dem Verein mit Klagen drohten, stimmte Real Sociedad zu, die Nachzahlungen zu übernehmen.
Puma und Gabriel Heinzes Geschäft mit Bildrechten
Auch der argentinische Nationalspieler Gabriel Heinze hat ein lukratives Geschäft mit seinen Bildrechten gemacht. Das Geld floss ebenfalls über eine Briefkastenfirma. Heinze, der auch einen deutschen Pass besitzt, hatte mit dem Sportartikelhersteller Puma aus Herzogenaurach einen Werbevertrag ausgehandelt. Zwischen 2005 und 2010, so steht es in diesem Vertrag, übertrug Heinze seine Bildrechte an Puma. Außerdem stand er für Werbeaktionen zur Verfügung. Detailliert listet der Vertrag auf, wann Puma einen Bonus zahlte: Gewann Heinze, der damals bei Manchester United spielte, die englische Meisterschaft, gab es 15.000 Euro extra - so geschehen in der Saison 2006/2007. Schaffte er es in ein Champions-League-Finale, waren 10.000 Euro fällig, noch einmal 5000 Euro gab es für einen Sieg oben drauf. Sollte er gar zum Weltfußballer gewählt werden, wurden ihm 75.000 Euro in Aussicht gestellt. Bei der WM-Endrunde 2006 schied Heinze mit Argentinien im Viertelfinale gegen Deutschland aus: Dafür zahlte Puma immerhin noch eine Prämie von 40.000 Euro.
Gabriel Heinze bekam von Puma Geld über einen Umweg.
2007 wechselte Heinze zu Real Madrid, der Vertrag lief automatisch weiter: Im Anhang sind alle Vereine aufgelistet, bei denen die Vereinbarung bestehen bleiben sollte. Madrid gehörte dazu. Bei einem Wechsel zu einem Verein, der nicht auf der Liste stand, hätten sich die Zahlungen halbiert. Zusammen mit der Basis-Bezahlung dürfte Puma mehrere Hunderttausend Euro gezahlt haben, bevor der Vertrag im Jahr 2008 aufgelöst wurde.
Puma zahlte an Briefkastenfirma
Das Geld floss nach Erkenntnissen aus den "PanamaPapers" jedoch von Puma nicht direkt an Gabriel Heinze, sondern an die Offshore-Gesellschaft "Galena Mills Corp." mit Sitz auf den Britischen Jungferninseln. Heinze steckte hinter dieser Firma, das geht aus den Unterlagen ebenfalls hervor. Er tarnte das allerdings aufwändig: Die Firma wurde auf dem Papier von Scheindirektoren geleitet, alle Anteile der "Galena Mills Corp." hielt eine Familienstiftung mit dem gleichen Namen. Dort war Heinzes Mutter als Begünstigte eingetragen - Gabriel Heinze selbst war der Stifter, der nach außen hin nicht sichtbar war. Ohne die Innenansicht von "Mossack Fonseca", die die "PanamaPapers" erlauben, wäre das Konstrukt nicht zu durchschauen. So ein Aufwand lohnt sich eigentlich nur, wenn man wirklich etwas verbergen möchte. Die Frage ist nur, vor wem.
Auf Anfrage erklärte ein Sprecher von Heinze: "Das Gründen von Galena Mills war Teil der Erbfolgestrategie, für den Fall, dass Heinze etwas Negatives zustößt." "Galena Mills" habe demnach dort, wo die Gesellschaft steuerpflichtig sei, alle Steuern entrichtet. Ein Puma-Sprecher erklärte, man sei im Hinblick auf Vertragsinhalte zur Verschwiegenheit verpflichtet. Das Unternehmen verurteile jedoch jede Form rechtswidrigen Verhaltens, Sponsoring-Verträge unterlägen zudem strengen Richtlinien.