Kreml-nahe Firmen Russen steckten Millionen in Twitter und Facebook
Die "Paradise Papers" belegen, dass Kreml-nahe Firmen in die Social-Media-Plattformen Twitter und Facebook Millionen investiert haben. Dabei half ein Geschäftsmann, der auch Geschäfte mit Trumps Schwiegersohn Jared Kushner einfädelte.
Über Werbung in sozialen Netzwerken wie Facebook und Twitter sollen russische Akteure den US-Wahlkampf beeinflusst haben. Gerade erst gestand Facebook in einer Senatsanhörung ein, dass wohl auf den Facebookseiten von mehr als 120 Millionen Nutzern in den USA Anzeigen von einer russischen Agentur geschaltet waren - und zwar während des Wahlkampfs.
Auch auf dem Kurznachrichtendienst Twitter sollen russische Trolle in nicht unerheblichem Umfang Debatten beeinflusst haben. Trolle nennt man im Netzjargon Nutzer, die Diskussionen gezielt und zum Teil aggressiv stören und in eine bestimmte Richtung lenken.
In den "Paradise Papers" und in öffentlich zugänglichen Unterlagen der US-Börsenaufsicht finden sich nun Belege dafür, dass staatlich kontrollierte russische Unternehmen jahrelang auch finanziell an Facebook und Twitter beteiligt waren. Eine Schlüsselrolle hat dabei die Investment-Gesellschaft Digital Sky Technologies (DST) inne.
Zwischenhändler für staatsnahe russische Bank
DST stieg bereits früh bei Twitter und Facebook ein. Bislang war nicht bekannt, dass das Geld dafür zum Teil von Unternehmen kam, die vom russischen Staat kontrolliert werden. DST agierte ausweislich der Recherchen als eine Art Zwischenhändler bei einem Investment der russischen Staatsbank VTB, die 2011 mehr als 190 Millionen US-Dollar in den Kurznachrichten-Dienst Twitter investierte.
Der russische Staat hält große Anteile an der VTB-Bank - seit der Bankenkrise im Jahr 2008 unterstützte der Kreml das Geldhaus mit rund zwölf Milliarden US-Dollar. Dem Aufsichtsrat der Bank sitzt der russische Finanzminister Anton Siluanov vor.
Der russische Oppositionelle und Putin-Kritiker Alexander Nawalny behauptete mehrfach öffentlich, dass die VTB-Bank ein Vehikel für Korruption sei. 2012 schrieb Nawalny in einem Internet-Eintrag, das Verhalten der Bank "zeichnet ein Bild, das für Investoren, Entscheidungsträger und Politiker von allergrößter Besorgnis sein sollte". Diese Vorwürfe hat VTB immer bestritten. DST hat die fraglichen Anteile an Twitter mittlerweile wieder verkauft.
Tochtergesellschaft von Gazprom hielt Facebook-Anteile
Die Dokumente zeigen weiter, dass eine Finanz-Tochtergesellschaft des vom Kreml kontrollierten Energieunternehmens Gazprom, eine Briefkastenfirma mit hohen Krediten versorgte. Diese wiederum hielt über eine Investmentfirma aus der DST-Gruppe Facebook-Anteile im Wert von rund einer Milliarde US-Dollar. Die Anteile hatte DST mit Hilfe von Gazprom vor dem Börsengang von Facebook im Jahr 2012 bereits erworben und hält sie heute offenbar nicht mehr.
Es gibt bislang keine Hinweise darauf, dass die Investments dazu genutzt worden sein könnten, Einfluss im Sinne russischer Interessen zu nehmen. In den USA dürften sie dennoch viele Fragen aufwerfen. Die Debatte um Versuche des Kreml, große Social-Media-Dienste in den USA in seinem Sinne zu nutzen, ist im vollen Gange. In der vergangenen Woche diskutierte ein Ausschuss im US-Repräsentantenhaus, inwiefern Russland durch Anzeigen auf Facebook Einfluss auf den Ausgang der Präsidentenwahl genommen haben könnte.
Milner geschäftlich mit Jared Kushner verbunden
DST wird geführt von dem russischen Milliardär Yuri Milner. Er lebt in Kalifornien und gilt als einflussreicher Investor in der Tech-Branche. Auf Anfrage erklärte er, dass ihm nicht bewusst gewesen sei, dass das Geld für die Facebook-Anteile seines Fonds von Gazprom gekommen sei. Keines seiner Investments hätte je einen politischen Hintergrund gehabt. Trotzdem dürften die Enthüllungen in den USA zu weiteren Debatten um die politische Kontrolle der großen Social-Media-Plattformen führen.
Der Russe Yuri Milner investiert in Technologie-Unternehmen.
Denn Milner ist auch in der Familie Trump kein Unbekannter. Im Jahr 2016 investierte Milners Investmentfirma rund 850.000 US-Dollar in das Unternehmen Cadre. Dabei handelt es sich um eine Immobiliengesellschaft, die Jared Kushner mitgegründet hat. Er ist der Schwiegersohn von US-Präsident Donald Trump. Kushner gab seine Beteiligung an der Firma nicht an, als er offiziell zum Berater des Präsidenten aufstieg. Damit verstieß er gegen die Offenlegungspflichten. Das berichtete das "Wall Street Journal" zuerst im Mai.
Milners Verbindungen zu Twitter, Facebook und zu Jared Kushner wurden in US-Medien bereits berichtet. Dass er allerdings die Kreml-nahe VTB-Bank und den Konzern Gazprom bei deren Investitionen in Twitter und Facebook offenbar unterstützte, decken die "Paradise Papers" erstmals auf. Die Recherchen führten vor allem Journalisten der "New York Times" und des ICIJ.
Trumps Schwiegersohn Kushner ist geschäftlich mit Milner verbunden.
Ein Sprecher von Milners Investmentfirma DST bestätigte auf Anfrage, dass VTB über die Gesellschaft in Twitter investiert hatte. Bei der Investition in die Immobiliengesellschaft von Jared Kushner handele es sich um Milners privates Vermögen. Facebook und Twitter sagten auf Anfrage des ICIJ, die Investments seien entsprechend der Regeln überprüft worden.