Polen seit zehn Jahren EU-Mitglied Eine beispiellose Erfolgsgeschichte
Heute vor zehn Jahren ist Polen der EU beigetreten. Die Begeisterung im Land war riesig - und die Menschen wurden nicht enttäuscht. Eine "beispiellose Erfolgsgeschichte", nennt Premier Tusk die Mitgliedschaft. Unzufrieden ist nur eine Berufsgruppe: die Landwirte.
Von Henryk Jarczyk, ARD-Hörfunkstudio Warschau
Am 1. Mai 2004 trat Polen der EU bei und die Begeisterung im Land war riesig. Das ließ den Sozialdemokraten und damaligen Premierminister, Leszek Miller, vor Stolz schier platzen: "Der große Traum der Polen hat sich nun erfüllt. Ich bin glücklich, dass ich mit meiner Aktivität zu diesem so wichtigen Ereignis beigetragen habe."
Heute regiert die liberal-konservative Koalition mit Donald Tusk an der Spitze das Land. Auch er nennt die EU-Mitgliedschaft eine beispiellose Erfolgsgeschichte: "Die Menschen hier sind wirklich fest davon überzeugt, dass das heutige Europa an ein Wunder grenzt." Nach Umfragen sind mittlerweile 89 Prozent der Auffassung, dass die Zugehörigkeit zur Europäischen Union für Polen von Vorteil ist.
Leitungen verlegt, Schulen renoviert, Straßen gebaut
Eine Haltung, die der Gemeindevorsteher der kleinen Ortschaft Stoczek tief im Osten des Landes nachvollziehen kann. "Dank der EU-Gelder haben wir in unserer Gemeinde Wasserleitungen verlegt, Straßen gebaut, die Schulen renoviert. Das hat umgerechnet rund eine Million Euro gekostet. Davon kamen fast 800.000 Euro aus den EU-Kassen", sagt Mieczyslaw Wojcik. Die deutlichen Verbesserungen der Infrastruktur vor allem im ländlichen Bereich hätten bewirkt, dass die Abwanderung aus der Region wenigstens teilweise aufgehalten werden konnte.
Und auch der Anstieg der Arbeitslosenquote, ergänzt eine junge Frau, sei damit gestoppt worden. Und sie fügt hinzu: "An vielen öffentlichen Institutionen hängen Schilder, dass diese oder jene Einrichtung aus EU-Mitteln finanziert wurde. Die ökonomische Lage unserer Gemeinde ist schwierig, deshalb ist die EU-Hilfe von unschätzbarem Wert."
Nur die Landwirte sind unzufrieden
Kritik an der EU-Mitgliedschaft üben eigentlich nur Landwirte in Polen. Die Produktionskosten - sagen sie - seien im Agrarbereich in den vergangenen zehn Jahren deutlich gestiegen. Doch die Preise für ihre Erzeugnisse blieben weiterhin auf niedrigem Niveau. Ein Apfelbauer sagt: "Ich erinnere mich noch an Zeiten der kommunistischen Herrschaft. Da war es besser. Die EU-Mittel sind ein Witz. Die Subventionen, die sie mir für meinen Obstgarten geben, reichen aus, um gerade zweimal den Traktor zu tanken. Das ist doch gar nichts."
Jammern auf hohem Niveau?
Und dennoch, sagt die polnische Unternehmerin Solange Olszewska, wer in Polen heute jammere der tue es auf einem ziemlich hohen Niveau: "Wir haben in den letzten Jahren einen enormen Sprung gemacht. Die Menschen haben sich daran gewöhnt und nehmen das gar nicht mehr wahr. Die Städte sind zwar verschuldet, aber sie werden aus den Schulden herauskommen, und was gebaut wurde, wird bleiben."
Mittlerweile, und darauf sind die Polen besonders stolz, exportiere das Land nicht ausschließlich billige Arbeitskräfte, sondern auch High-Tech und Know-How. Auch das habe Polen – so der Tenor - unter anderem seiner EU-Mitgliedschaft zu verdanken.