Skandinaviens Rechtspopulisten Ungewöhnliche Ruhe bei Rechten im hohen Norden
Die "Das-wird-man-ja-wohl-noch-sagen-dürfen"-Fraktion in Skandinavien ist seit den Attentaten in Norwegen auffallend leise geworden. Von Finnland bis Norwegen scheinen Rechtspopulisten, die sich sonst vor jede Kamera drängen, ihre Sprache verloren zu haben.
Von Ann-Katrin Johannsmann, ARD-Hörfunkstudio Stockholm
Jussi Halla-Aho, Mitglied der rechtspopulistischen "Wahren Finnen" ist normalerweise kein Mann, der ein Blatt vor den Mund nimmt. Somalischen Einwanderern hat er in seinem Blog eine "kulturelle und möglicherweise genetische Neigung zum Taschendiebstahl" unterstellt. Mit seinen Gedanken zu den Verbindungen zwischen Linken und Muslimen in Europa wird er in den Schriften von Attentäter Anders Behring Breivik zitiert.
Doch darauf angesprochen reagiert er ungewöhnlich verschlossen. Darüber mache er sich keine Gedanken: "Ich schreibe Texte und kann nicht beeinflussen, wo sie zitiert werden oder in welchem Kontext. Wesentlich ist hier, dass fast hundert unschuldige Menschen ermordet wurden." Er halte es für bedauerlich, dass in Finnland die Opfer - "bevor sie kalt sind" - für eine Agenda ausgeschlachtet werden. "Das ist entsetzlich", findet er.
"Wer hätte was anders machen müssen?"
Die "Wahren Finnen" haben bei den finnischen Parlamentswahlen im Frühjahr 19 Prozent der Wählerstimmen erreicht und die Zahl ihrer Sitze damit vervierfacht. Geschafft haben sie das mit markigen Parolen gegen Europa und die angebliche Überfremdung in ihrem Heimatland - aber vor allem wegen ihres schlagfertigen Vorsitzenden Timo Soini. Der verhält sich in diesen Tagen jedoch ungewöhnlich: nämlich ruhig.
In seinem Blog schreibt er lediglich: "Die norwegische Tragödie erweitert sich von den Opfern hin zu Kritik an der Polizei und den verschiedenen gesellschaftlichen Akteuren. Was hätte anders gemacht werden müssen, und von wem?" Auch die Schwedendemokraten und die dänische Volkspartei - letztere hatten erst kürzlich wieder Grenzkontrollen durchgesetzt - ducken sich weg.
Norwegische Fortschrittspartei distanziert sich von Mitglied Breivik
In der norwegischen Fortschrittspartei war Anders Behring Breivik sogar Mitglied. Er bekleidete Führungsämter in ihrer Nachwuchsorganisation. Die Rechtspopulisten haben bei den letzten Parlamentswahlen knapp 23 Prozent der Stimmen erlangt. Die Chefin der norwegischen Fortschrittspartei, Siv Jensen, distanzierte sich nachdrücklich von Breivik: "Da empfinde ich in erster Linie Unbehagen. Aber das ist ja vor allem eine abscheuliche Handlung, die gegen uns alle gerichtet ist. Sie ist gegen ganz Norwegen gerichtet, gegen alle Werte, an die wir glauben, und meine Gedanken gehen jetzt an alle, die von diesen furchtbaren, abscheulichen Taten betroffen sind."
Im September sind in Norwegen Kommunalwahlen, dabei könnte die Fortschrittspartei deutlich Stimmen verlieren. Noch sind Norwegens Rechtspopulisten zweitstärkste Kraft im Parlament.