Französisch-rumänisches Treffen Kritik an Roma-Abschiebung wächst

Stand: 26.08.2010 22:17 Uhr

Die französische Regierung bleibt bei ihrer harten Gangart gegen Roma - trotz aller internationaler Kritik. Auch die zweitägigen Gespräche von französischen und rumänischen Regierungsvertretern änderten nichts an dieser Politik. Doch im Land ändert sich langsam die Stimmung.

Von Anne Christine Heckmann, SR-Hörfunkstudio Paris

Die Bilder wiederholen sich seit Tagen: Schwer bewaffnete Polizisten lösen illegale Roma-Siedlungen auf, beschlagnahmen Wohnwagen und Zelte, nehmen Erwachsene in Gewahrsam. Die meisten von ihnen werden später abgeschoben. Diese harte Gangart gegen die Roma will die französische Regierung fortsetzen. Daran hat auch das Treffen von französischen und rumänischen Regierungsvertretern in Paris nichts geändert. Der für Immigration zuständige französische Minister Eric Besson lobte stattdessen die konstruktive und freundschaftliche Gesprächsatmosphäre. "Es gab keinerlei Vorwürfe seitens der Rumänen an unserer Politik", sagte er. "Ich habe sie daran erinnert, dass wir in einem gesetzlichen Rahmen handeln, nämlich dem europäischen und dem französischen. Wir haben uns darauf verständigt jetzt enger zusammen zu arbeiten."

Beide Staaten wollen in der Roma-Politik nun enger kooperieren. Dabei geht es darum, den Migrationsfluss in den Griff zu bekommen, benachteiligte Bevölkerungsgruppen besser einzugliedern und die Zusammenarbeit der Polizei zu verbessern. Damit will man gegen das organisierte Betteln und gegen Straftaten von Roma vorgehen. Dafür sollen unter anderem 14 statt wie bisher vier rumänische Polizisten in Frankreich eingesetzt werden. Einzelheiten sollen bei einem weiteren Gespräch Anfang September in Rumänien geklärt werden.

Warnung vor Rassismus

Beide Seiten betonten die exzellenten bilateralen Beziehungen. Gleichzeitig zeigte sich der zuständige rumänische Minister Mocanu aber besorgt. Er warnte vor Ausländerfeindlichkeit und Rassismus. "Wir sind nicht der Meinung, dass derzeit zu viele rumänische Staatsbürger in Frankreich leben. Ich will betonen, dass niemand das Recht hat, einem europäischen Staatsbürger zu verbieten, sich auf dem Gebiet der EU zu bewegen. Natürlich müssen wir die Armut verringern, denn sie trägt dazu bei, dass Menschen versuchen, woanders ein besseres Leben zu finden. Und dieser Sache wollen wir uns auch annehmen."

Pariser Erzbischof befürchtet Spaltung der Gesellschaft

Nicht nur im Ausland stoßen die Gruppenabschiebungen auf Kritik. Über 8000 Roma hat Frankreich seit Jahresbeginn zurück in ihr Herkunftsland geschickt. Diese Zahlen und das oftmals radikale Vorgehen der Polizei gegen die Roma erschüttern auch Opposition und Menschenrechtsgruppen in Frankreich. Auch die Katholische Kirche zeigt sich besorgt. Der Pariser Erzbischof und Vorsitzende der Französischen Bischofskonferenz, Kardinal André Vingt-Trois, befürchtet eine Spaltung der Gesellschaft. "Es hat sich in Frankreich ein ungesundes politisches Klima entwickelt. Es gibt ein Art Wettbewerb zwischen denen, die die größte Sicherheit versprechen und denen, die die höchsten moralischen Ansprüche versprechen. Mit einem solchen Problem sollte man anders umgehen."

Mittlerweile ist auch die französische Bevölkerung skeptisch geworden. Während die Mehrheit der Franzosen vor einigen Wochen noch die Roma-Politik der Regierung noch unterstützt hat, ist jetzt nur noch knapp die Hälfte der Franzosen für Abschiebungen.

Stichwort
Als Roma werden in Frankreich offiziell nur diejenigen bezeichnet, die überwiegend aus Rumänien oder Bulgarien stammen. Die meisten von ihnen sind in den vergangenen Jahren eingewandert.

Seit Bulgarien und Rumänien zur EU gehören, können Roma nach Frankreich einreisen und drei Monate dort bleiben, ohne eine Arbeit nachweisen zu müssen. Wenn sie danach nicht arbeiten, studieren oder ausreichende Einkünfte vorweisen, werden sie ausgewiesen. Stören sie innerhalb der drei Monate die öffentliche Ordnung oder belasten sie die Sozialkassen "unzumutbar", werden sie direkt ausgewiesen. Es gibt zudem die Möglichkeit einer "freiwilligen Ausreise", bei der der Staat eine "Rückkehrerhilfe" von 300 Euro zahlt.

Um zu verhindern, dass Roma nach der sogenannten freiwilligen Ausreise nach Frankreich zurückkehren, soll eine biometrische Datei angelegt werden.