Sabotageverdacht in der Ostsee Ermittler nehmen chinesischen Frachter ins Visier
Es könnte neuer Ärger zwischen der EU und China drohen. In der Ostsee wird ein chinesischer Frachter von dänischen Marineschiffen bewacht - er könnte Datenkabel beschädigt haben. Politiker sprechen von Sabotage.
"Habt ihr technische Probleme, oder warum habt ihr hier Anker gesetzt?" - das fragt ein dänischer Schiffsführer per Funk die Besatzung des chinesischen Frachters "Yi Peng 3". Der hat seinen Anker mitten im Meeresgebiet Kattegat zwischen Dänemark und Schweden gesetzt. Auf offenem Meer. "Nein, wir haben keine Probleme", antwortet die Schiffsbesatzung per Funk. Warum sie mit ihrem Schiff hier warten, ist die große Frage. Hat das dänische Militär sie dazu gezwungen?
Kein Kommentar dazu vom dänischen Verteidigungsminister Troels Lund Poulsen. Auf einer Pressekonferenz sagt er nur so viel: "Dänische Militärschiffe sind dem Frachter gefolgt, und die dänischen Behörden sind an dem Fall dran."
Chinesische Sabotage?
In den vergangenen Tagen waren zwei Datenkabel in der Ostsee beschädigt worden. Eines führte von Rostock nach Finnland, das andere verband Schweden und Litauen. Viele Politiker, unter ihnen der deutsche Verteidigungsminister Boris Pistorius, vermuteten daraufhin Sabotage. Nur von wem?
Schnell geriet der chinesische Frachter "Yi Peng 3" in den Fokus der schwedischen Ermittler, denn der Frachter war ganz in der Nähe der beiden beschädigten Unterwasserkabel unterwegs. NDR, WDR und Süddeutsche Zeitung berichten, dass der chinesische Frachter für eine Zeit lang keine Standortdaten übermittelt habe und ungewöhnlich langsam gefahren sein soll, als er in der Nähe der nun beschädigten Kabel war.
Hybride Kriegsführung
Schwedens Ministerpräsident Ulf Kristersson geht davon aus, dass es sich bei den Vorfällen "um vorsätzliche Sabotage" handeln könnte. Die schwedische Marine sucht währenddessen mit Unterwasserfahrzeugen die betroffenen Stellen ab. "Diese Ereignisse haben ja schon Anzeichen einer hybriden Kriegsführung", sagte Jimmie Adamsson von der Marine dem schwedischen Fernsehen. "Man kann einfach behaupten, man habe damit gar nichts zu tun und im Verborgenen arbeiten."
Inzwischen sind Fotos aufgetaucht, die den chinesischen Frachter zeigen, wie er mitten im Meer zwischen Dänemark und Schweden vor Anker liegt. Direkt daneben: ein Patrouillenschiff des dänischen Militärs.
Schutz der Kabel fast unmöglich
Die Sicherheitslage im Ostsee-Raum ist seit längerem extrem angespannt. Schiffe aus NATO-Ländern wie Finnland oder Schweden treffen hier auf russische Schiffe. Immer wieder gibt es Vorwürfe, Russland oder auch China könnten versuchen, europäische Kabel zu sabotieren.
Die Unterwasserinfrastruktur gegen Angriffe zu schützen, sei sehr schwierig, sagt Jimmie Adamsson von der schwedischen Marine dem Sender SVT: "Es sind Tausende Schiffe und andere Fahrzeuge jede Sekunde in der Ostsee unterwegs - in der Nähe von Kabeln für Strom oder Daten. Wir können nicht überall gleichzeitig sein und alle Kabel beschützen."
Wie lange es dauert, bis die Ursache für die beschädigten Kabel feststeht, ist unklar. Sowohl die chinesische als auch die russische Regierung haben gesagt, dass sie nicht für die Beschädigung der Kabel verantwortlich seien.