Fall Skripal Zwei Tatverdächtige aus Russland gesucht
Die britische Polizei sucht per Haftbefehl nach zwei Russen im Zusammenhang mit dem Anschlag auf den Ex-Agenten Skripal und seine Tochter Julia. Premier May macht den russischen Militärgeheimdienst GRU verantwortlich.
Der Haftbefehl ist gestellt: Die britische Polizei hat zwei Verdächtige im Fall des Attentats auf den ehemaligen russischen Doppelagenten Sergej Skripal und seine Tochter Julia benannt. Es soll sich demnach um die Russen Alexander Petrow und Ruslan Boschirow handeln. Ihre russischen Pässe seien echt gewesen, die genannten Namen hingegen vermutlich Decknamen, so die Polizei.
Die beiden Verdächtigen im Alter von etwa 40 Jahren seien zwei Tage vor dem Giftanschlag auf die Skripals am 4. März von Moskau nach London geflogen. Am Abend des 4. März seien sie vom Flughafen London-Heathrow aus nach Moskau zurückgereist. Stunden vorher waren die Skripals auf einer Parkbank im Ort Salisbury zusammengebrochen.
Die Polizei veröffentlichte Bilder der beiden Verdächtigen von Überwachungskameras. Nach Angaben der Polizei übernachteten sie in einem Hotel in London und fuhren zwei Mal mit dem Zug nach Salisbury - beim ersten Mal zum Auskundschaften, beim zweiten Mal, um das Gift anzubringen. In ihrem Hotelzimmer seien Spuren von Nowitschok gefunden worden.
Die Polizei geht davon aus, dass das Nervengift Nowitschok in einer gefälschten Parfümflasche nach Großbritannien geschmuggelt und das Gift an der Eingangstür zum Haus Skripals angebracht wurde. Mehr als drei Monate später fand ein Mann die Parfümflasche. Er und seine Freundin vergifteten sich ebenfalls, seine Freundin starb im Krankenhaus. Die Polizei ist sich sicher, dass beide Fälle miteinander in Verbindung stehen.
Kein Auslieferungsantrag
Den beiden Tatverdächtigen wirft die britische Polizei Verschwörung zum Mord, versuchten Mord und den Gebrauch des Nervengiftstoffs Nowitschok vor. Das teilte die Generalstaatsanwaltschaft mit. Großbritannien beantragte auch einen europäischen Haftbefehl.
Allerdings ersuche das Land die Führung in Moskau nicht, die beiden Männer auszuliefern, da russisches Recht die Auslieferung eigener Staatsbürger verbiete, sagte Staatsanwältin Sue Hemming.
Die britische Premierministerin Theresa May sagte: "Wir wir schon nach der Ermordung von Alexander Litwinenko festgestellt haben, wäre ein formeller Auslieferungsantrag nutzlos. Aber falls diese Männer jemals wieder außerhalb Russlands unterwegs sein sollten, werden wir jeden denkbaren Schritt unternehmen, um sie zu inhaftieren, eine Auslieferung zu erwirken und sie hier vor Gericht zu stellen."
May macht russischen Militärgeheimdienst verantwortlich
May machte den russischen Militärgeheimdienst GRU für die Tat verantwortlich. Polizei und Ermittler gingen davon aus, dass die beiden Verdächtigen GRU-Agenten seien. Bei dem Anschlag handele es sich nicht um eine auf eigene Faust geplante Tat von Kriminellen, sagte May im britischen Parlament: "Er wurde nahezu sicher auf hoher russischer Staatsebene genehmigt."
Sie vermute, dass der Anschlag ein Signal an die im Ausland lebenden Russen war, die in Angelegenheiten des russischen Staates involviert sind, sagte sie vor den Abgeordneten. Aber es sei an den Russen zu erklären, was in Salisbury passiert ist.
Mays Sprecher erklärte, sie habe am Dienstagabend mit US-Präsident Donald Trump gesprochen. Die Erkenntnisse sollen auch dem UN-Sicherheitsrat präsentiert werden.
Großbritannien und seine Alliierten würden die Bemühungen verstärken, das Netzwerk des GRU aufzudecken und zu zerstören, so May. "Wir weiten unsere Erkenntnisse aus, was der GRU in unseren Ländern tut und decken seine Methoden auf. Zusammen mit unseren befreundeten Staaten werden wir das ganze Instrumentarium der Sicherheitsbehörden einsetzen, um der Bedrohung durch den GRU zu begegnen", sagte die Premierministerin.
"Die Namen sagen uns nichts"
Das russische Außenministerium kennt nach eigenen Angaben die Personen nicht, die von Großbritannien verdächtigt werden. "Die in den Medien veröffentlichten Namen und Bilder sagen uns nichts", sagte Ministeriumssprecherin Maria Sacharowa der Agentur Tass. Die britische Führung solle nicht die Öffentlichkeit manipulieren, sondern bei der Aufklärung des Falls mit Russland kooperieren, forderte sie. Der Kreml bedauere, dass sich die britischen und russischen Geheimdienste nicht austauschten.
Großbritannien wirft der russischen Führung seit längerem vor, die Skripals mit dem in der Sowjetunion entwickelten Nervengift Nowitschok vergiftet zu haben. Die russische Regierung wies das immer wieder zurück.
Mit Informationen von Imke Köhler, ARD-Studio London