Proteste in Spanien Verboten, aber doch geduldet
Erneut haben am Abend tausende Demonstranten in Madrid politische und soziale Reformen gefordert. Die Menschen setzten sich damit weiterhin über das Demonstrationsverbot hinweg, das angesichts der heutigen Kommunal- und Regionalwahlen verhängt worden war. Auch in Barcelona und Valencia gingen die Proteste weiter.
In Spanien halten die Proteste gegen die hohe Arbeitslosigkeit und den Sparkurs der Regierung weiter an. In der Hauptstadt Madrid versammelten sich auf dem zentralen Platz Puerta del Sol auch am Abend mehrere tausend Menschen, um politische und soziale Reformen zu fordern - trotz eines von der Wahlbehörde verhängten Demonstrationsverbots. Auch in Barcelona, Valencia und Sevilla strömten Tausende auf die Straßen. Das Innenministerium hatte zuvor angekündigt, trotz des Verbots die Kundgebungen nicht auflösen zu lassen, solange diese friedlich verlaufen. Voraussetzung sei, dass die öffentliche Ordnung nicht gestört werde.
Verbot zieht offenbar noch mehr Demonstranten an
Allein in Madrid kamen 20.000 Demonstranten zusammen. "Wir lassen uns nicht vertreiben", skandierten die Protestierenden. Offenbar sorgte das Verbot dafür, dass noch mehr Menschen als in den Tagen zuvor auf die Straße gingen. Insgesamt hatte die Protestbewegung zu Kundgebungen in rund 150 Städten aufgerufen. Die Proteste sollten auch nach den Wahlen fortgesetzt werden, kündigten die Initiatoren an.
"Tag der Besinnung"
Das Demonstrationsverbot war bereits in der Nacht zu Samstag in Kraft getreten. Die Wahlkommission hatte das Verbot damit begründet, dass Kundgebungen den Ablauf der heutigen Regional- und Kommunalwahlen stören und die Wähler beeinflussen könnten. Das Wahlrecht stehe in diesem Fall über dem Versammlungs- und dem Demonstrationsrecht. Nach spanischem Gesetz ist am Tag vor den Wahlen, dem sogenannten "Tag der Besinnung", jegliche Wahlwerbung untersagt.
Jugendarbeitslosigkeit von mehr als 40 Prozent
Die Protestbewegung hatte sich in der vergangenen Woche spontan formiert, sie richtet sich vor allem gegen die steigende Arbeitslosigkeit, die Wirtschaftskrise und gegen Korruption. Vor allem junge Menschen gehen im ganzen Land auf die Straße, da sie keine Zukunftsperspektiven sehen: Die Arbeitslosenquote liegt in Spanien derzeit bei 21 Prozent, bei jungen Erwachsenen bis 25 Jahren bei mehr als 40 Prozent. Enttäuscht sind viele Spanier auch vom Sparprogramm der Regierung, durch das Millionen Jobs verloren gingen und Einkommen gekürzt wurden.
Sozialisten droht Wahlschlappe
Den Sozialisten von Regierungschef José Luis Rodriguez Zapatero droht deshalb eine herbe Wahlniederlage. Umfragen zufolge dürften sie selbst ihre Hochburgen, die Regionen Kastilien-La Mancha und Extremadura, verlieren. Die Wahlen gelten als Stimmungstest für die Parlamentswahl in zehn Monaten. Zapatero will sich bei dem Urnengang im März nicht um eine dritte Amtszeit bewerben. Als mögliche Kandidaten der Sozialisten gelten bisher Innenminister Alfredo Perez Rubalcaba und die junge Verteidigungsministerin Carme Chacón.
Aus Solidarität mit den Protesten gab es auch Protestaktionen im Ausland, darunter in Hamburg, wo rund 200 junge Menschen vor dem Generalkonsulat Spaniens zusammen kamen. In Berlin versammelten sich am Brandenburger Tor rund 400 Menschen, um sich mit den Demonstranten in Spanien zu solidarisieren. Auch aus Frankfurt, München und Düsseldorf wurden ähnliche Versammlungen gemeldet. Kundgebungen zur Unterstützung der "spanischen Revolution" fanden nach Berichten des Fernsehens auch in Brüssel, Amsterdam, London, Prag, Budapest, Rabat, Bogotá oder Buenos Aires statt.