Bergarbeiter in Südafrika Staub in der Lunge
Drei Kilometer unter der Erde graben Tausende Südafrikaner nach Gold. Die Bergwerke haben ihre Besitzer reich und die Arbeiter krank gemacht. Denn der feine Staub, der beim Abbau entsteht, legt sich auf ihre Lungen. Die Entschädigung ist mickrig.
"Ich habe große Schwierigkeiten zu atmen. Immer wenn ich huste, fühlt sich meine Brust sehr trocken an. So, als wäre in meiner Lunge Staub. Ich will ihn loswerden. Aber er kommt nicht raus", so beschreibt Tshantolo Mgidi die Folgen seiner Arbeit.
Mehr als 20 Jahre hat er in den Goldminen Südafrikas geschuftet. Dabei hat er Quarzstaub eingeatmet, der beim Goldabbau entsteht. Der Feinstaub hat sich in Tshantolos Lunge festgesetzt. Staublunge heißt die Krankheit, auch bekannt als Silikose. Sie ist unheilbar. Die Betroffenen sterben meist an Folgeerkrankungen wie Tuberkulose.
200.000 Betroffene in Südafrika
Die Staublunge ist eine typische Berufskrankheit bei Bergleuten. Bei Tshantolo wurde sie vor zehn Jahren festgestellt. Er wurde von seinem Arbeitgeber für arbeitsunfähig erklärt, entlassen und nach Hause geschickt. Seitdem sitzt der 54-Jährige in seiner einfachen Rundhütte im Dorf Hlamvana am Ostkap. Als Entschädigung gab es die gesetzlich festgelegten 40.000 Rand - zweieinhalb Tausend Euro für eine unheilbar kaputte Lunge. Ein zerstörtes Leben. "Ich bin wütend und enttäuscht", sagt er. "Ich habe hart für die Goldkonzerne gearbeitet. Aber jetzt bin ich krank und kann nichts machen. Manchmal träume ich nachts von meinem Tod."
Viele Männer aus der Gegend teilen das Schicksal von Tshantolo. Das Ostkap, Heimat von Nelson Mandela, ist bis heute eine der ärmsten Gegenden Südafrikas. Wer Geld verdienen will, muss sein Glück woanders suchen. Vor allem während der Apartheid wurden Hunderttausende Männer aus dieser Region quasi von der Straße weg als Bergarbeiter angeworben. Billige Arbeitskräfte, auf deren Rücken das Apartheid-Südafrika seinen Rohstoffreichtum zu Geld gemacht hat.
"Die Masken waren doch sinnlos"
Mxoleleni Mbodlane sitzt auf einem durchgesessenen Sessel seines einfachen, mit Lehm verputzten Hauses, in den grün-braunen Hügeln des Ostkaps. Der drahtige 53-Jährige hat müde Augen. Immer wieder schütteln Hustenanfälle seinen Körper. "Wir haben Atemmasken bekommen. Aber die bieten keinen hundertprozentigen Schutz", erinnert er sich an die primitiven Maßnahmen in den 1980er-Jahren. "In den Minen ist es so heiß, dass wir viel geschwitzt haben. Wenn wir geatmet haben, waren die Masken ganz nass, der Staub klebte auf ihnen. Die waren doch sinnlos."
Nach neuesten Schätzungen geht es mehr als 200.000 ehemaligen Bergarbeitern wie Tshantolo und Mxoleleni. Tausende von ihnen wollen nun mit einer Sammelklage vor Gericht ziehen, um eine bessere Entschädigung zu erreichen. Ihr Rechtsanwalt Richard Spoor meint, dass die Goldkonzerne mehr als 100 Jahre ein zynisches Rechenspiel betrieben haben. "Das Problem in den Minen zu beheben, ist teuer. Die Goldminen sind drei Kilometer tief, alles ist eng und extrem heiß. Eine effektive Lüftung, die den Staub entfernt, um die Gesundheit der Arbeiter zu schützen, kostet richtig viel Geld. Es war viel billiger, einfach zuzulassen, dass Arbeiter krank werden und sterben - um sie dann zu ersetzen."
Sitzen die Konzerne die Verhandlungen aus?
Wenn die Bergarbeiter vor Gericht erfolgreich sind, drohen den Goldkonzernen milliardenschwere Entschädigungszahlungen. Auch deshalb räumen sie ein, dass die bisherige Entschädigung der an Staublunge Erkrankten nicht angemessen war. Und sie versuchen, eine außergerichtliche Einigung mit den Arbeitern zu erreichen, sagt Alan Fines, Sprecher der sechs wichtigsten südafrikanischen Goldkonzerne. "Das Ziel ist eine einvernehmliche Lösung zur Entschädigung und medizinischen Betreuung betroffener ehemaliger, heutiger und künftiger Bergarbeiter. Eine Lösung, die fair für die Arbeiter ist und tragfähig für die Goldindustrie."
Dass eine solche Lösung schnell erreicht werden kann, ist zweifelhaft. Schließlich haben die Goldkonzerne über Jahre mit allen juristischen Mitteln versucht, eine drohende Sammelklage zu verhindern. Und auch sonst entsteht der Eindruck, dass die Industrie auf Zeit spielt. Zeit, die die ehemaligen Bergwerkskumpel nicht haben.