Neue Tabakrichtlinie EU setzt auf Schock und Ekel
Mehr als die Hälfte einer Zigarettenpackung wird künftig Warnungen vor dem Rauchen zeigen. Nach zähem Ringen hat die EU diese Regelung beschlossen. Damit sollen vor allem junge Menschen geschützt werden. Verboten werden Menthol-Zigaretten.
Der Schock soll größer werden - im wahrsten Sinne des Wortes. 65 Prozent der Fläche einer Zigaretten-Schachtel sollen künftig von abschreckendem Text oder eben auch von Bildern bedeckt sein. Also von Aussagen wie "Rauchen tötet" oder der ungeschönten Darstellung von Raucherbeinen oder Raucherlungen: "Jungen Menschen den Einstieg ins Rauchen zu erschweren, darum geht es eigentlich im Großen und Ganzen", erklärt der EU-Parlamentarier Matthias Groote von der SPD. 70 Prozent aller regelmäßigen Raucher machten bereits in jungen Jahren mit der Zigarette Bekanntschaft.
700.000 Tabak-Tote pro Jahr
"Je weniger Menschen mit dem Rauchen anfangen, um so mehr Geld sparen wir bei den Gesundheitskosten. Abgesehen auch vom persönlichen Leid, das Familien erleben", begründet Grote.
700.000 Europäerinnen und Europäer sterben jährlich an den Folgen des Tabak-Konsums, rechnen Mediziner und Politiker vor. Pro Tag sind das fast 2000. Es war der EU-Parlamentarier der CDU, Karl-Heinz Florenz, der einst erklärte: Würden so viele Menschen täglich bei Flugzeugabstürzen ums Leben kommen, wäre das Fliegen längst verboten: "700.000 Tote im Jahr in Europa - das können wir hier im Parlament über Nacht nicht abschalten. Wir können aber verhindern, dass wir 700.000 Neueinsteiger bekommen", sagt Florenz.
Auf Schock und Ekel setzt die EU also künftig, was die Zigaretten-Verpackungen angeht. Aber auch an das, was in einigen Schachteln drin ist, wagt sie sich. An aromatisierte Zigaretten nämlich: "Wir wollen diese besonders attraktiven Aromastoffe untersagen", sagt Parlamentarier Florenz. "Denn viele Leute glauben, Menthol sei ein Segen. Menthol ist der Teufel! Jeder, der einen Husten hat, nimmt ein Menthol-Bonbon und spürt, dass es tief in die Lunge geht. Und genau dahin geht auch der Zigarettenqualm. Genau das wollen wir nicht."
Lobby versuchte neues Gesetz zu verhindern
Kein Geheimnis ist, dass die mächtige Tabak-Lobby in den letzten Jahren versucht hatte, auch auf die EU-Parlamentarier einzuwirken. Über den Hersteller Philip Morris etwa erzählt man sich in Brüssel, er habe eine Hand voll Lobbyisten offiziell registrieren lassen. Es seien aber zeitweise über 150 von ihnen im Auftrag des Tabak-Herstellers unterwegs gewesen, "die nichts anderes hier gemacht haben als auf Kollegen eingewirkt. Zu beschwichtigen", sagt EU-Parlamentarier Grote. "In die Richtung: Jetzt will die EU uns auch noch das Rauchen verbieten. Muss das denn alles sein?"
Die Haupt-Argumente der Tabak-Konzerne lauten: Es seien mit den neuen Vorschriften massenweise Arbeitsplätze in Gefahr. Und: Nun wolle die EU auch noch den Bürgerinnen und Bürgern das Recht nehmen, selbst zu entscheiden, was sie zu sich nehmen und was nicht. Sie sehen die großen Warnungen auf der Verpackung daher natürlich nicht gerne: "Wir haben uns jetzt auf 65 Prozent der Verpackung geeinigt. Das ist auch genug, Wir müssen den Unternehmen auch Gelegenheit geben, ihren Namen da oben drauf zu schreiben. Wenn wir das nicht wollen, müssen wir Tabak verbieten. Das will aber keiner", sagt der CDU-Abgeordnete Florenz.
Die Zustimmung der EU-Länder zur Tabak-Richtlinie steht noch aus, stellt aber dem Vernehmen nach keine große Hürde dar. Trotzdem wird es noch rund zwei Jahre dauern, bis die neuen Vorgaben umgesetzt werden.