Taliban in Afghanistan Doch keine Schule für Mädchen
Die Taliban-Ankündigung währte nicht lange: Wenige Stunden nach der Öffnung von weiterführenden Schulen für Mädchen in Afghanistan haben die Taliban diesen Beschluss wieder rückgängig gemacht. Die UN-Gesandte Lyons äußerte sich besorgt.
Die von den Taliban angekündigte Öffnung der Schulen für Mädchen hat offenbar keinen Bestand. An höheren Schulen sollen nun doch keine Schülerinnen unterrichtet werden. Diese könnten nun so lange nicht am Unterricht teilnehmen, bis ein im Einklang mit dem islamischen Recht erarbeiteter Plan ausgearbeitet sei, kündigten die Taliban an.
Lehrer und Schüler von drei Gymnasien in der Nähe der Hauptstadt Kabul sagten, die Mädchen seien am Morgen aufgeregt auf die Schulgelände zurückgekehrt, hätten dann aber wie Weisung erhalten, wieder nach Hause zu gehen. Sie sagten, viele Schülerinnen seien unter Tränen gegangen.
Schülerinnen verlassen weinend das Schulzimmer
Im Gymnasium Sarghona in Kabul schlossen die niedergeschlagenen Schülerinnen ihre Bücher, packten ihre Sachen und verließen weinend das Klassenzimmer. "Ich sehe meine Schülerinnen weinen, sie wollen den Unterricht nicht verlassen", sagte eine Lehrerin an der Omra-Chan-Mädchenschule in Kabul. "Es ist sehr schmerzhaft, seine Schülerinnen weinen zu sehen."
Rückkehr-Ankündigung sorgte zunächst für Hoffnung
Das Bildungsministerium hatte in der vergangenen Woche angekündigt, dass die Schulen für alle - einschließlich der Mädchen - an diesem Mittwoch landesweit öffnen würden. Zuvor hatte es monatelange Beschränkungen für die Ausbildung von Mädchen im höheren Schulalter gegeben. Noch am Dienstagabend veröffentlichte ein Sprecher des Bildungsministeriums ein Video, in dem er allen Schülerinnen zur Rückkehr in den Unterricht gratulierte.
Wie die staatliche Nachrichtenagentur Bakhtar News berichtete, veröffentlichte das Bildungsministeriums dann aber eine Mitteilung, in der es heißt: "Wir informieren alle Mädchengymnasien und jene Schulen, die Schülerinnen über der sechsten Klasse haben, dass sie bis zur nächsten Anweisung geschlossen sind."
UN-Gesandte äußert sich besorgt
Deborah Lyons, die Leiterin der Mission der Vereinten Nationen in Afghanistan (UNAMA), zeigte sich besorgt. "Ich habe beunruhigende Berichte gehört, dass Schülerinnen ab der sechsten Klasse von den Behörden nicht mehr in die Schule eingeladen werden", schrieb sie auf Twitter. "Wenn das stimmt, was könnte der Grund dafür sein?"
Save the Children fordert sofortige Schulöffnung
Kritik kam vom Kinderhilfswerk Save the Children. "Die Behörden haben in den vergangenen Wochen wiederholt erklärt, dass sie den Zugang von Mädchen zur Bildung in Afghanistan wiederherstellen werden. Heute sind wir entsetzt, dass dieses Versprechen nicht eingehalten wurde", sagt Hassan Noor Saadi, Regionaldirektor von Save the Children für Asien. "Jeder Tag, an dem Mädchen nicht zur Schule gehen, ist ein Tag, an dem ihnen grundlegende Menschenrechte verweigert werden", kritisierte er. "Wir fordern die Behörden dringend auf, diese Entscheidung rückgängig zu machen und dafür zu sorgen, dass die Schulen für Mädchen sofort wieder öffnen."
Das Recht von Frauen auf Bildung ist eine der Hauptbedingungen der internationalen Gemeinschaft für Hilfen an die nicht anerkannte Taliban-Regierung. Als die Islamisten im August vergangenen Jahres die Macht übernahmen, hatten sie offiziell wegen der Corona-Pandemie alle Schulen geschlossen. Zwei Monate später durften nur Jungen und einige jüngere Mädchen den Unterricht wieder aufnehmen.