Türkischer Oppositioneller Demirtaş zu mehr als 40 Jahren Haft verurteilt
Der prokurdische Politiker Demirtaş galt als Hoffnungsträger der türkischen Opposition - doch seit 2016 ist er inhaftiert. Nun wurde er Medienberichten zufolge zu mehr als 40 Jahren Haft verurteilt. Ihm wird eine Rolle bei gewaltsamen Protesten vorgeworfen.
Ein türkisches Gericht hat Medienberichten zufolge den früheren Vorsitzenden der pro-kurdischen HDP-Partei, Selahattin Demirtaş, zu insgesamt mehr als 40 Jahren Gefängnis verurteilt. Dem bereits seit 2016 inhaftierten Demirtas wurde unter anderem eine Rolle bei gewaltsamen Protesten im Jahr 2014 vorgeworfen. Auch die frühere Ko-Vorsitzende der HDP, Figen Yüksekdag, wurde zu 30 Jahren und drei Monaten Haft verurteilt, wie der private Sender NTV und die Menschenrechtsgruppe MLSA berichteten.
Die sogenannten Kobane-Proteste, zu denen die HDP damals aufgerufen hatte, entzündeten sich an Vorwürfen, die türkische Armee habe tatenlos der Belagerung der syrisch-kurdischen Grenzstadt Kobane durch die Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS) zugeschaut. Die Proteste in mehreren türkischen Provinzen schlugen in Gewalt um, es kam zu Zusammenstößen rivalisierender Gruppen. 37 Menschen starben.
Die Staatsanwaltschaft forderte in 38 Fällen lebenslange Haft. Das Verfahren begann im April 2021, die Verteidigung bezeichnet den Prozess als politisch motiviert.
Lange ernsthafter Rivale Erdogans
Der charismatische und aus einer kurdischen Familie stammende Rechtsanwalt Demirtaş galt als Hoffnungsträger der Opposition. Lange war er ein ernsthafter Rivale des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan, zwei Mal trat er gegen ihn bei den Präsidentenwahlen an. Dann warf die Regierung in Ankara Demirtaş "Terrorismus" vor, im November 2016 wurde er inhaftiert.
Der 51-Jährige war in 47 Punkten angeklagt, darunter Verletzung der Einheit des Staates und der territorialen Integrität sowie Anstiftung zu einem Verbrechen. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hatte das Verfahren in der Vergangenheit kritisiert und die Freilassung Demirtaşs verlangt. Insgesamt waren in dem Prozess 108 Menschen angeklagt, von denen nur einige freigesprochen wurden.
Staatspräsident Erdogan beschuldigt die HDP, der politische Arm der verbotenen Untergrundorganisation PKK zu sein. Die HDP weist dies zurück. Gegen die Partei läuft ein Verbotsverfahren. Im Parlament formierte sie sich bereits als DEM neu und ist die drittgrößte Partei dort.