US-Wahl 2024
US-Demokraten nach der Wahl Wer ist schuld und wie geht es weiter?
Die Wahlniederlage stürzt die Demokratische Partei in eine Existenzkrise. Die Suche nach den Gründen ist schwierig und geht in alle Richtungen. Völlig unklar ist, wie es weitergehen wird - und wer die Partei in Zukunft leitet.
"Am 20. Januar werden wir eine friedliche Machtübergabe in Amerika haben", sagte US-Präsident Joe Biden in seiner kurzen Rede an die Nation gestern im Rosengarten des Weißen Hauses.
Es war das erste Mal, dass er sich nach der Wahlniederlage von Kamala Harris öffentlich äußerte. "Egal, wen ihr gewählt habt, wir sehen uns nicht als Feinde, sondern als amerikanische Landsleute", sagte Biden im Bemühen um einen versöhnlichen Ton.
Gleichzeitig ermutigte er seine Unterstützer, niemals aufzugeben: "Eine Niederlage bedeutet nicht, dass man besiegt ist. Das Amerika Eurer Träume ruft nach Euch, damit ihr Euch wieder aufrappelt!"
Biden verantwortlich für die Niederlage?
Biden selbst war davon überzeugt, dass er die einzige Person ist, die Trump schlagen könnte. Etliche Parteikollegen sehen das anders. Sie geben dem 81-Jährigen eine Mitschuld an dem Wahldesaster.
Der demokratische Kongressabgeordnete Seth Moulton war einer der ersten, der die mentale Fitness von Biden für ein großes Problem hielt. "Ich denke, unsere Partei stünde heute viel besser da, wenn Biden früher aus dem Rennen ausgeschieden wäre", sagte Moulton auf CNN. "Kamala Harris hätte dann womöglich mehr Zeit gehabt, ihren Bekanntheitsgrad zu steigern."
Die Suche nach den Gründen
Der demokratische Senator und langjährige Biden-Freund Chris Coons hingegen verteidigte auf CNN die politischen Erfolge des Präsidenten. Vielmehr sollten die Demokraten "sich jetzt hinsetzen und herausfinden, warum nicht mehr Leute für die demokratischen Kandidaten im Senat und für Kamala Harris stimmten", so Coons' Forderung.
Der unabhängige Senator Bernie Sanders aus Vermont schrieb auf Twitter, die Wahlkampagne sei desaströs gewesen. Es sei kein Wunder, dass kaum noch Arbeiter die Demokraten wählten, schließlich habe die Partei die weiße Arbeiterschicht seit langem verlassen.
Auch Demokrat Moulton stimmt Sanders zu: "Ich glaube auch, dass wir mit den Wählern aus der Arbeiterschicht wieder Kontakt aufnehmen müssen", sagt er. "Wir haben ihre Bedürfnisse nicht angesprochen. Deswegen haben sie nicht für uns gestimmt."
Andere denken, es habe schlichtweg daran gelegen, dass Kamala Harris eine schwarze Frau sei und dass Frauenfeindlichkeit und Rassismus in den USA weiter verbreitet seien, als man denke.
Oder dass Tim Walz als ihr Kandidat für den Vize-Posten zu progressiv war - vielleicht hätte der moderatere Gouverneur von Pennsylvania, Josh Shapiro, mehr ausrichten können, so die Spekulation mancher. Und möglicherweise hätten viele Wähler der Arbeiterschicht mit den Hauptwahlkampfthemen Abtreibung und Demokratie nicht viel anfangen können.
Unklar, wie es weitergeht
Egal, was am Ende nun die Gründe für Harris' Versagen waren, Fakt ist, dass die Demokraten in einer fetten Existenzkrise stecken. Derzeit ist völlig unklar, wie es für die Partei weitergeht und wer sie in eine neue Zukunft führen wird.
Kamala Harris wird es mit Sicherheit nicht sein. Sie wird ihren Job als US-Vizepräsidentin nur noch bis zum 20. Januar ausüben. Was sie danach macht, ist vollkommen offen.