Völkermord zur Kolonialzeit Herero und Nama verklagen Deutschland
Als Namibia noch eine deutsche Kolonie war, sind Massaker an den Herero und Nama verübt worden. Auch die Bundesregierung bezeichnet sie als Völkermord, lehnt aber individuelle Entschädigungen ab. Vertreter der Volksgruppen haben jetzt Schadensersatzklagen eingereicht.
Für die in der ehemaligen Kolonie Deutsch-Südwestafrika (dem heutigen Namibia) begangenen Verbrechen haben Vertreter der Volksgruppen der Herero und der Nama in New York Sammelklage gegen Deutschland eingereicht. Sie fordern Entschädigungszahlungen von der Bundesregierung. Nach einem entsprechenden Gesetz können in den USA Ansprüche von Ausländern geltend gemacht werden, auch wenn die Ereignisse nicht in den USA stattgefunden haben.
Herero-Chef Vekuii Rukoro und Nama-Chef David Frederick verlangen zudem, dass Vertreter ihrer Gruppen in Verhandlungen zwischen den Regierungen Deutschlands und Namibias einbezogen werden müssen.
Entschuldigung Deutschlands möglich
Beide Länder führen bereits seit 2014 Gespräche über eine Aufarbeitung der gemeinsamen Kolonialvergangenheit. Sie könnten in eine Entschuldigung von deutscher Seite münden. Für die geforderten Entschädigungen sieht die Bundesregierung jedoch keine völkerrechtliche Grundlage. Zwar hatte Bundestagspräsident Norbert Lammert die Verbrechen im Juli 2015 als Völkermord bezeichnet. Die deutsche Regierung hatte aber stets betont, dass die "historischen Ereignisse" erst seit Inkrafttreten der UN-Völkermord-Konvention 1951 als Genozid eingestuft werden könnten.
Der Sprecher des Auswärtigen Amtes, Martin Schäfer, sagte nach Einreichung der Klage, es gebe "gute Gründe", die gegen direkte Verhandlungen mit Vertretern der Herero und Nama sprechen würden. Konkreter wurde er nicht. Die Verhandlungen mit Namibia liefen gut, seien aber nicht einfach.
Die Klageführer geben an, dass sie im Namen "aller Herero und Nama weltweit" auftreten. Sie würden keine Entschuldigung akzeptieren, die nicht an Reparationen gekoppelt sei, sagte der Herero-Chef. In der Klage heißt es, in der Zeit der deutschen Kolonialherrschaft seien zwischen 1885 und 1903 ein Viertel des Landes beider Volksgruppen mit Einverständnis der Kolonialbehörden von deutschen Siedlern enteignet worden. Geduldet von offizieller Seite hätten die Kolonisten außerdem Frauen und Mädchen vergewaltigt und der Bevölkerung Zwangsarbeit auferlegt.
In der Wüste qualvoll verdurstet
Im Jahr 1904 hatte der damalige deutsche Gouverneur der Kolonie, Lothar von Trotha, schließlich die planmäßige Vernichtung des Volksstamms der Herero angeordnet. Mindestens 60.000 Herero wurden daraufhin getötet. Diese hatten sich zuvor gegen die deutschen Kolonialherren erhoben.
Nach der Niederlage der Herero in der Schlacht am Waterberg drängten die deutschen Soldaten die überlebenden Männer, Frauen und Kinder in die Omaheke-Wüste und versperrten ihnen dort zugleich den Zugang zu den Wasserstellen. Viele verdursteten. Wenige Monate später erhob sich auch der Volksstamm der Nama. Bei deren brutaler Verfolgung starben etwa 10.000 Menschen.