Prozess gegen Weinstein Hollywood ändert sich nur langsam
Der Prozess gegen Harvey Weinstein hat begonnen - dem Filmproduzenten werden sexuelle Übergriffe vorgeworfen. 2017 löste der Fall die #MeToo-Debatte aus. Hollywood hat sich seither nur langsam verändert.
Kevin Spacey, Placido Domingo, Steven Segal oder James Franco - dies sind nur ein paar Personen, denen vorgeworfen wird, andere Menschen sexuell missbraucht oder belästigt zu haben. Mehr als 200 Namen sind es, die seit dem Bekanntwerden der Vorwürfe gegen den Filmproduzenten Harvey Weinstein kursieren. Die meisten Beschuldigten bestreiten die Vorwürfe. Der Comedian Louis C.K. hat dagegen zugegeben, dass sie in seinem Fall berechtigt sind. Er hatte vor Frauen masturbiert, ohne dass sie eingewilligt hätten.
Diverse Sender kündigten daraufhin die Zusammenarbeit mit ihm auf - es wurde kurz still um ihn, bis sich C.K. in der zweiten Jahreshälfte 2019 mit einem Comedyprogramm zurückmeldete. Von großer Reue keine Spur.
Wie geht man mit Tätern oder Beschuldigten um? Ist es okay, dass einige von ihnen so schnell wieder im Rampenlicht stehen? Genau das sind einige der drängendsten Fragen mehr als zwei Jahre nach dem Weinstein-Skandal - die Antwort ist nicht so einfach.
"Täter sollten ihr Verhalten ändern"
Tarana Burke, die die #MeToo-Bewegung gründete, sagte im öffentlichen Radionetzwerk NPR, um sexuelle Gewalt langfristig zu eliminieren, müsse man genau darüber reden:
"Man kann sie nicht am Straßenrand zurücklassen. Aber sie dürfen sich auch nicht über die Hintertür wieder in die Gesellschaft hineinschleichen. So zu tun, als sei nichts passiert, ist nicht die Antwort. Man sollte erwarten, dass Täter eine dramatische Verhaltensänderung an den Tag legen."
Burke steht, wie viele andere Frauen aus der #MeToo- und der #TimesUp-Bewegung dafür, dass sich grundlegende Strukturen in der Gesellschaft ändern müssen. Seit dem Weinstein-Skandal ist die Aufmerksamkeit für diese Themen gestiegen - in Hollywood wird mehr darüber gesprochen, wie sich Frauen in Filmproduktionen besser gegen aufgezwungene Nacktszenen zur Wehr setzen können. Die TimesUp-Bewegung hat einen Fonds eingerichtet, um Opfern sexueller Gewalt anwaltlichen Beistand zu ermöglichen.
#MeToo-Gründerin Tarana Burke meint, grundlegende Gesellschaftsstrukturen müssten sich ändern.
Thema wird zum Hollywoodstoff
#MeToo ist nicht in Vergessenheit geraten. Das Thema ist noch immer da und füllt sogar die große Kinoleinwand. Aktuell im Film "Bombshell" wird die Geschichte der Fox-Journalistinnen Gretchen Carlson und Megyn Kelly erzählt, die sich gegen ihren Fox News-Chef Roger Ailes wehrten, der sie sexuell belästigt hatte. So sehr es Erfolge gibt und sich weiter offenbar Opfer trauen, ihre Geschichte zu erzählen: der Veränderungsprozess in Hollywood ist langsam. Noch immer ist das Studiosystem in größtenteils männlicher Hand. Noch immer sind Frauen und Männer in den Jobs nicht gleichgestellt. Bei den Golden Globes wurden in der Kategorie "Beste Regie" erneut nur Männer nominiert. Für echte Gleichberechtigung ist lange nicht gesorgt.
Bill Cosby wurde wegen sexuellen Missbrauchs verurteilt
Auch auf der strafrechtlichen Seite sieht es noch mager aus: Bisher wurde gerade einmal Bill Cosby wegen sexuellen Missbrauchs verurteilt. Das war allerdings lange vor dem Weinstein-Skandal. Gegen Kevin Spacey wurde gerade erst eine Klage fallengelassen. Noch ermittelt wird unter anderem gegen den Opernsänger Placido Domingo.
Konkret werden tatsächlich nur zwei Fälle gegen Weinstein vor Gericht verhandelt. Mehr als zwei Jahre nach Bekanntwerden der Vorwürfe gegen ihn begann heute der Prozess. Der 67-Jährige kam im schwarzen Anzug und mit einem Rollator als Gehhilfe zum Obersten Gericht des Bundesstaates New York in Manhattan. Zunächst werden wohl gerichtliche Formalitäten erledigt, bevor dann - wahrscheinlich am Dienstag - mit der Jury-Auswahl begonnen werden kann.
"Wenn Harvey Weinstein für seine Taten verurteilt wird, dann ist das vielen Opfern wohl mehr Wert als Geld", sagt Matt Belloni vom Hollywood Reporter. Er meint damit die Einigung, die zwischen Weinstein und einigen anderen Frauen erzielt wurde - 25 Millionen Dollar ist diese Einigung wert. Das Geld wird allerdings wohl vor allem von Versicherungen gezahlt, nicht aus Weinsteins eigener Geldbörse.
Weinstein fühlt sich missverstanden
In einem Interview mit der "New York Post" äußerte sich Weinstein kürzlich zu seiner Causa. Er fühle sich missverstanden, habe er doch viel für Frauen in der Filmbranche getan, sagte er. Noch immer bestreitet Weinstein, dass er den mehr als 80 Frauen, die ihn beschuldigen, etwas angetan haben könnte. Dass er, so wie andere mutmaßliche Täter, wieder Fuß fassen könnte in Hollywood - das scheint allerdings angesichts der Schwere der Anschuldigungen derzeit kaum möglich.