Debatte über Bundeswehr-Stärkung Viel mehr Geld - und Aus für die Schuldenbremse?
Die Trump-Äußerung zur NATO-Beistandspflicht hat die Debatte über den deutschen Wehretat befeuert. Diskutiert wird über ein höheres Sondervermögen, die Stärkung der Rüstungsindustrie und die Schuldenbremse.
Mit seinen Äußerungen zur NATO-Beistandspflicht hat der ehemalige US-Präsident Donald Trump Besorgnis ausgelöst - auch in Deutschland. Nun werden die Stimmen lauter, die mehr Geld für die Bundeswehr fordern. Der CDU-Verteidigungspolitiker Roderich Kiesewetter sprach sich in der Süddeutschen Zeitung für eine Verdreifachung des Bundeswehr-Sondervermögens aus. "Es ist ja völlig klar, dass wir eher 300 statt 100 Milliarden benötigen, damit die Bundeswehr kriegstüchtig wird", sagte er.
Eine Zweckentfremdung des Geldes zum Stopfen von Haushaltslöchern müsse aber ausgeschlossen werden. Zudem müsse parallel ein dauerhafter Verteidigungshaushalt von mindestens zwei Prozent der Wirtschaftskraft erreicht werden. Das gehe allerdings "nur mit Umpriorisierung und mit klaren strukturellen Reformen".
Schwarz: Verteidigungsetat von Schuldenbremse entkoppeln
Auch der SPD-Haushaltspolitiker Andreas Schwarz sieht nach eigenen Worten dringenden Nachholbedarf bei den Verteidigungsausgaben. Er schlug vor, die Mittel für Verteidigung und Zivilschutz wegen der Unsicherheiten in den USA und der Bedrohung durch Russland dauerhaft von der Schuldenbremse im Grundgesetz zu entkoppeln. Deutschland müsse dringend in den Zivil- und Katastrophenschutz investieren und brauche viel mehr Cyberabwehr, Bunker, mobile Operationssäle und Lazarettversorgung.
Trump, der im November bei den US-Präsidentschaftswahlen erneut antreten will, hatte auf einer Wahlkampfveranstaltung gesagt, dass er NATO-Verbündete nicht vor einer russischen Invasion schützen würde, wenn diese nicht genug für ihre eigene Verteidigung ausgäben.
Erklärtes Ziel der NATO-Staaten ist es, jährlich mindestens zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts für Verteidigungsausgaben aufzuwenden. Deutschland lag in den vergangenen Jahren darunter. In diesem Jahr "und für alle Zeit" hält das Land aber laut Bundeskanzler Olaf Scholz die Zwei-Prozent-Marke ein.
Deutschland als wichtigster Ukraine-Unterstützer in Europa
Dass die Regierung verstärkt in Rüstung investiert, ist auch für die Ukraine entscheidend. Deutschland ist der größte militärische Geldgeber für Kiew in Europa und steht weltweit nach den USA an zweiter Stelle. Nach Angaben des Kieler Instituts für Weltwirtschaft hat Deutschland bislang mehr als 17 Milliarden Euro an Militärhilfe für die Ukraine bereitgestellt.
Dennoch gerät die Ukraine immer stärker unter Druck. Einer der Gründe: Es fehlt an Munition. Die Lieferzeiten liegen derzeit bei bis zu 28 Monaten. Neue Fabriken sollen dies ändern, wie das Werk des Rüstungskonzerns Rheinmetall. Gestern legte Scholz den Grundstein für die Anlage in der Lüneburger Heide. 2025 sollen dann 50.000 Artilleriegranaten die Fabrik verlassen, im Jahr darauf 100.000 und später 200.000 pro Jahr.
Produziert werden vor allem 155-Millimeter-Artilleriegeschosse, außerdem Sprengstoff und Komponenten für Raketenartillerie. Insgesamt 300 Millionen Euro will Rheinmetall in das neue Werk investieren, 500 Arbeitsplätze sollen entstehen.
Unionsfraktionsvize fordert Stärkung der Verteidigungsindustrie
Die Investitionen des Rüstungskonzerns seien wichtig, sagte Unionsfraktionsvize Johann Wadephul (CDU) der "Rheinischen Post". Allerdings müsse die Bundesregierung eine Strategie zur Stärkung der Verteidigungsindustrie vorlegen: "Zwei Jahre nach Verkündung der Zeitenwende wird es höchste Zeit, dass auch die industrielle Grundlage endlich verbreitert wird."
Die Bundeswehr könne nur dann das Rückgrat der konventionellen Verteidigung der NATO in Europa werden, wenn es dafür eine industrielle Basis gebe. Die Regierung müsse "endlich eine umfassende Strategie zur Stärkung der deutschen Sicherheits- und Verteidigungsindustrie vorlegen, der Kanzler hätte das längst zur Chefsache machen müssen", sagte Wadephul weiter.