Weiter keine Ampel-Einigung Haushaltsbeschluss im Bundestag nicht mehr in diesem Jahr
Der Bundestag wird den Haushalt 2024 nach Angaben der SPD-Fraktionsführung nicht mehr in diesem Jahr verabschieden. Das schrieb Geschäftsführerin Mast in einer SMS an alle SPD-Abgeordneten.
Der Bundeshaushalt für das kommende Jahr kann aus Sicht der SPD-Fraktionsführung nicht mehr vor Jahresende verabschiedet werden. "Obwohl wir von unserer Seite alles dafür getan haben", könne der Haushalt für das Jahr 2024 nicht mehr rechtzeitig in diesem Jahr beschlossen werden, schrieb die parlamentarische Geschäftsführerin, Katja Mast, in einer SMS an ihre Fraktion, die auch dem ARD-Hauptstadtstudio vorliegt. Zuerst hatte die "Bild" berichtet.
"Katja Mast hat in einer internen Nachricht die vielen Fragen von Mitgliedern des Bundestags beantwortet, ob es in diesem Jahr überhaupt noch eine formale Beschlussfassung im Bundestag - also eine Sondersitzung - geben kann", teilte ein Sprecher der SPD-Fraktion mit. "Dies ist wegen verschiedener Fristen, die nach der Geschäftsordnung des Bundestages einzuhalten sind, nicht mehr möglich."
Kanzler Olaf Scholz (SPD), Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) und Finanzminister Christian Lindner (FDP) hätten sich nach wie vor nicht auf eine Lösung der Haushaltskrise geeinigt, schrieb Mast. Scholz sei aber "zuversichtlich, dass in den kommenden Tagen ein Ergebnis erzielt werden kann".
17 Milliarden Euro fehlen
Die Ampel-Spitzen ringen darum, wie ein 17 Milliarden Euro großes Loch im Haushalt gestopft werden kann. Es entstand unter anderem durch das Haushaltsurteil des Bundesverfassungsgerichts. Das höchste deutsche Gericht hatte eine Umschichtung im Haushalt für nichtig erklärt. Dadurch fehlen nicht nur 60 Milliarden Euro, die über vier Jahre für Klimaschutz-Vorhaben und die Modernisierung der Wirtschaft eingeplant waren. Der Richterspruch wirkte sich auch auf verschiedene kreditfinanzierte Sondertöpfe aus.
Ursprünglich hatte sich die Ampelkoalition vorgenommen, den Haushalt für das kommende Jahr trotzdem noch vor Weihnachten im Bundestag zu beschließen. Nun könnte es darauf hinauslaufen, dass nur der Haushaltsausschuss des Bundestags seine Beratungen noch abschließt. Nach einer politischen Einigung würde er voraussichtlich noch einmal Sachverständige zu den Vorschlägen befragen. Dann müsste die sogenannte Bereinigungssitzung abgeschlossen werden, mit der der Etat grundsätzlich festgezurrt wird.
Im Januar könnte dann der Bundestag zur Haushaltswoche zusammenkommen und anschließend der Bundesrat den Etat behandeln. Bis dahin würde die sogenannte vorläufige Haushaltsführung gelten. Dann sind vorerst nur Ausgaben möglich, die nötig sind, um die Verwaltung aufrechtzuerhalten und rechtliche Verpflichtungen zu erfüllen. In der Praxis kann das Finanzministerium den Ministerien jedoch bewilligen, pro Monat einen Prozentsatz der Mittel des noch nicht verabschiedeten Haushaltsentwurfs zu nutzen. Dieses Verfahren ist in der Bundesregierung bereits eingeübt, denn es greift üblicherweise auch nach einer Bundestagswahl, wenn die neue Regierung in der kurzen Zeit zwischen Koalitionsbildung und Jahreswechsel keinen eigenen Haushalt aufstellen kann.
Lindner: "Staat ist vollkommen handlungsfähig"
Ein Beschluss des Haushalts 2024 erst nach Jahreswechsel wäre nach Ansicht von Finanzminister Lindner kein größeres Problem. "Der Staat ist vollkommen handlungsfähig: Es wird keine Behörde schließen. Es wird kein Gehalt nicht ausgezahlt. Es wird niemand, der eine Unterstützungsleistung erwartet, sie nicht erhalten", sagte der FDP-Politiker. "Wir haben immer seitens des Finanzministeriums dargelegt, dass wir alles möglich machen." Voraussetzung sei aber eine politische Einigung.
Es werde noch gesprochen über die richtigen Konsequenzen aus dem Verfassungsgerichtsurteil. Durch dieses seien Aktualisierungen im Haushalt nötig, etwa die Absenkung der Stromsteuer müsse noch eingearbeitet werden, sagte Lindner. "Die Arbeiten sind noch nicht vollständig abgeschlossen." SPD und Grüne hatten sich vorgenommen, alles vor Weihnachten unter Dach und Fach zu bringen. Die FDP dagegen hatte von Anfang an für mehr Zeit plädiert. "Ich habe wahrgenommen, dass die Koalitionspartner sehr ehrgeizige Zeitpläne hatten."
Nachtragshaushalt für 2023 auf dem Weg
Zwar ist für den Haushalt 2024 weiter keine Lösung in Sicht, doch zumindest die Reparatur des aktuellen Etats kommt voran. Heute ließ der Bundesrat den Nachtragshaushalt für 2023 in erster Lesung passieren. Damit verbunden ist auch die erneute Aussetzung der Schuldenbremse. Beides kann nun in der kommenden Woche im Bundestag beschlossen werden. Die Bundesregierung will mit dem Nachtragshaushalt bereits ausgezahlte Mittel insbesondere für die Gas- und Strompreisbremse sowie Fluthilfen nachträglich rechtlich absichern. Es geht um rund 45 Milliarden Euro, die aus Krediten finanziert wurden.
Seit dem Karlsruher Haushaltsurteil ist klar, dass der Bund diese Kredite ohne Weiteres nicht hätte aufnehmen dürfen. Sie waren 2021 und 2022 genehmigt worden, als die Schuldenbremse wegen der Corona-Krise und des Ukraine-Kriegs ausgesetzt war. Die Ampel-Regierung hatte geplant, das Geld auch 2023 und 2024 noch zu nutzen. Die Karlsruher Richter entschieden jedoch, dass der Bund sich Notlagenkredite nicht für spätere Jahre zurücklegen darf. Ohne den Nachtragshaushalt hätte im Etat für 2023 ein Verfassungsbruch gedroht.
Die Länderkammer verzichtete auf eine ausdrückliche Stellungnahme zu den Plänen. Danach wurden sie im Haushaltsausschuss beschlossen. Nächster Schritt ist nun die abschließende Lesung am kommenden Donnerstag im Bundestag. Damit dürfte das erste große Problem gelöst sein, das durch das Karlsruher Haushaltsurteil entstand.
Schwesig fordert mehr Tempo
Ab Freitag trifft sich zudem die SPD zu ihrem dreitägigen Bundesparteitag - Scholz soll dort am Samstag reden. Bundesratspräsidentin Manuela Schwesig drängte die Regierung zu mehr Tempo. Es brauche zügig Klarheit, wie der Bund den Haushalt für das kommende Jahr gestalten wolle, sagte Mecklenburg-Vorpommerns SPD-Ministerpräsidentin. "Darauf warten die Bürgerinnen und Bürger vor Ort, darauf wartet vor allem die Wirtschaft." Es werde Zeit, dass die Ampel-Regierung jetzt ihren Vorschlag vorlege, damit die Unruhe und Unsicherheit vorbei seien.