Ariel Elbert, Felix Klein und Tahera Ameer

Amadeu Antonio Stiftung Antisemitismus von "beispielloser Qualität"

Stand: 06.06.2024 16:25 Uhr

Seit dem Angriff der Hamas auf Israel hat sich die Sicherheitslage für Jüdinnen und Juden in Deutschland deutlich verschlechtert. Ein Bericht der Amadeu Antonio Stiftung zeigt nun das Ausmaß: Antisemitismus wird zunehmend salonfähig.

Nach dem Terrorangriff der Hamas am 7. Oktober gibt es in Deutschland einen zunehmenden Antisemitismus von "beispielloser Qualität". Zu diesem Ergebnis kommt ein Bericht der Amadeu Antonio Stiftung, der in Berlin vorgestellt wurde.

Die sicheren Räume würden weniger und die Bedrohungslage sei dramatisch, heißt es im "Zivilgesellschaftlichen Lagebild Antisemitismus" der Stiftung. Es komme zu einer Verharmlosung von Islamismus, einer Verbreitung von israelbezogenem Antisemitismus und einer folgenschweren Radikalisierung. So nähmen "Berührungsängste zwischen islamistischen, antiimperialistischen und sich selbst als progressiv verstehenden Milieus" ab.

Die Vorständin der Amadeu Antonio Stiftung, Tahera Ameer, warnte: "Unter dem Deckmantel einer vermeintlichen Palästina-Solidarität werden islamistische Parolen salonfähig gemacht und die Ächtung von Islamismus erodiert." Es sei alarmierend, dass Jüdinnen und Juden ihre Identität aus Sorge um ihre Sicherheit versteckten.

Anstieg antisemitisch motivierter Straftaten

Der Beauftragte der Bundesregierung gegen Antisemitismus, Felix Klein, erinnerte an jüngste Daten des Bundeskriminalamtes (BKA). Demnach erreichte die Zahl antisemitisch motivierter Straftaten im vergangenen Jahr mit 5.164 Fällen einen neuen Höchststand. Im Vorjahr waren es laut BKA 2.641. Demnach wurden allein 53 Prozent der 2023 erfassten Taten nach dem 7. Oktober verübt.

Klein bezeichnete die Verfolgung antisemitischer Taten in Deutschland jedoch insgesamt als erfolgreich im internationalen Vergleich. Antisemitische Campusbesetzungen dauerten in Deutschland meist weniger lang als anderswo und von israelfeindlichen Demonstrationen gehe weniger Gewalt aus als in anderen Ländern, betonte Klein.

"Die meisten Deutschen sind keine Antisemiten"

Das Durchgreifen von Sicherheits- und Strafverfolgungsbehörden sei zudem nur die eine Seite, so Klein. Auch die Zivilgesellschaft spiele eine wichtige Rolle. "Ich bin überzeugt, dass die meisten Deutschen keine Antisemiten sind." Sie seien nicht einverstanden mit Propaganda der Hamas und wollten nicht, dass Jüdinnen und Juden aus Angst ihre Identität versteckten.

Klein erneuerte zudem seine Forderung, dass der Aufruf zur Vernichtung von Staaten ins Strafgesetzbuch aufgenommen werden solle.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 06. Juni 2024 um 18:08 Uhr.