Baerbock zum Gefangenenaustausch Ein "hochsensibles Dilemma"
Niemand in der Bundesregierung habe sich die Entscheidung leicht gemacht, sagte Außenministerin Baerbock. Sie sprach mit Blick auf den Gefangenenaustausch von einem "hochsensiblen Dilemma". Der Verteidigungsminister plädierte für Realismus.
Die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock hat den Gefangenenaustausch zwischen Russland, Belarus und mehreren westlichen Staaten als "hochsensibles Dilemma" bezeichnet. Die Abwägung und Entscheidung über den Austausch beschrieb die Grünen-Politikerin als eine Frage, die die Gemüter intensiv errege und für Gesprächsbedarf sorge. Insgesamt sprach sie aber von einem "Tag der Erleichterung".
Die Entscheidung habe sich "niemand in der Bundesregierung leicht gemacht", sagte Baerbock mit Blick auf die vorzeitige Entlassung des als "Tiergartenmörder" bekannten verurteilten Mörders Wadim Krassikow. Er kam im Zuge des Gefangenenaustausches frei. Im Gegenzug ließ Russland unter anderem prominente Oppositionelle wie Wladimir Kara-Mursa frei.
Faeser: "Sehr, sehr schwere Entscheidung"
"Das ist eine sehr, sehr schwere Entscheidung gewesen", bestätigte auch Bundesinnenministerin Nancy Faeser. "Das ist eine Abwägung verschiedener Güter." Aus deutscher Sicht seien die Freiheit und das Leben der Gefangenen in Russland und in Belarus entscheidend dafür gewesen, einen verurteilten Mörder freizulassen, sagte die SPD-Politikerin.
Verteidigungsminister Boris Pistorius bewertete den Gefangenenaustausch als einen Verhandlungserfolg und plädierte für Realismus. "Man kann das eine nicht tun, ohne das andere in Kauf zu nehmen. Das war jetzt hier auch so", sagte der SPD-Politiker am Rande eines Besuchs in Südkorea.
Pistorius sagte, das Kanzleramt habe "hervorragend verhandelt". Einschränkend ergänzte er, dass klar sei, "des einen Leid ist des anderen Freud in dem Fall." Er freue sich vor allem darüber, "dass Menschen, die unschuldig in russischem Gefängnissen gesessen haben, befreit werden konnten".
Röttgen spricht von "schwieriger Abwägung"
Der CDU-Außenpolitiker Norbert Röttgen bezeichnete den Gefangenenaustausch als eine schwierige Abwägung, die er im Ergebnis unterstützt. Deutschland habe mit der Freilassung Krassikows einen "gravierenden Nachteil" in Kauf genommen. "Aber der wird gerechtfertigt durch den menschlichen Gewinn, durch Freiheit und die Befreiung von Folter für 16 Menschen", sagte Röttgen.
Wie Tina Handel vom ARD-Hauptstadtstudio im Gespräch mit tagesschau24 berichtet, sollen die freigelassenen westlichen Geiseln nun auch medizinisch betreut werden. "Es ist angekündigt, dass es sowohl in den USA als auch in Deutschland längere gesundheitliche Untersuchungen geben soll", sagte Handel. Sollte sich dabei herausstellen, dass intensivere medizinische Versorgung benötigt werde, sagte Bundeskanzler Olaf Scholz Unterstützung zu.