Gesetzentwurf gebilligt Maghreb-Staaten und Georgien - bald sicher?
Die Regierung will Tunesien, Algerien, Marokko und Georgien als sichere Herkunftsländer einstufen und so Asylverfahren beschleunigen. Das Kabinett beschloss Seehofers Gesetzentwurf. Die Grünen könnten ihn blockieren.
Die Bundesregierung hat einen neuen Anlauf unternommen, die Maghreb-Staaten Tunesien, Marokko und Algerien sowie nun auch Georgien als sichere Herkunftsländer einzustufen. Das Kabinett beschloss einen entsprechenden Gesetzentwurf von Bundesinnenminister Horst Seehofer. Das Vorhaben wird nun als nächstes vom Bundestag beraten, am Ende muss auch der Bundesrat zustimmen.
Ziel ist es dabei, die Asylverfahren von Menschen aus diesen Ländern zu beschleunigen. Die Koalition erhofft sich dadurch auch schnellere Rückführungen, vor allem aber insgesamt weniger Asylsuchende aus diesen Ländern. Das Vorhaben ist auch Bestandteil von Seehofers "Masterplan Migration", fällt aktuell aber mitten in die Debatte um die Abschiebung des mutmaßlichen islamistischen Gefährders Sami A. nach Tunesien.
Grüne sind dagegen
Die Grünen lehnen das Vorhaben insgesamt ab - insbesondere mit Blick auf Marokko, Tunesien und Algerien: "Noch immer gilt, dass in den Maghreb-Staaten Journalisten, Minderheiten und Homosexuelle nicht sicher sind vor Verfolgung und Haft", sagte der Parteivorsitzende Robert Habeck dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. "Es gibt Berichte über Folter und unfaire Gerichtsverfahren. Daher sehe ich nicht, dass diese Staaten sicher sind."
Die Große Koalition wollte die drei Maghreb-Staaten bereits in den vergangenen Jahren als sichere Herkunftsländer klassifizieren. Das hatten die Grünen allerdings durch ihr Nein im Bundesrat verhindert. Auch dieses Mal ist die Regierungskoalition in der Länderkammer auf die Hilfe der Grünen angewiesen.
Grünen-Vorsitzender Habeck hält das Konzept sicherer Herkunftsstaaten nicht für eine Lösung der Probleme bei den Abschiebungen.
Die Einstufung als sichere Herkunftsländer löse die Probleme nicht, sagte Habeck zum Vorhaben der Bundesregierung. "Wenn es darum geht, Menschen aus dem Maghreb schneller zurückzuführen, braucht man funktionierende Rückführungsabkommen. Wenn es darum geht, gegen Kriminalität in Deutschland vorzugehen, braucht man eine gut ausgestattete Polizei."
Im Fall von Georgien ist es der erste Versuch der Bundesregierung, das Land auf die Liste zu setzen. Darauf stehen bislang sechs Balkanstaaten sowie Ghana und Senegal.
Menschenrechtsverletzungen in Maghreb-Staaten?
Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International warnt ebenfalls: Das Konzept der sogenannten sicheren Herkunftsstaaten berge die Gefahr, dass Anträge pauschal als "offensichtlich unbegründet" abgelehnt würden, sagte eine Sprecherin. Es bestehe auch das Risiko, dass der individuelle Schutzbedarf eines Menschen nicht erkannt wird und er in eine Situation abgeschoben wird, in der Gefahr für Leib und Leben droht.
Deshalb lehne Amnesty dieses Konzept grundsätzlich ab. Gerade in den Maghreb-Staaten habe man etliche Menschenrechtsverletzungen dokumentiert, die asylrelevant seien, wie zum Beispiel Folter, die Unterdrückung der politischen Opposition und die Verfolgung homosexueller Menschen, erklärte die Organisation.
Ausnahmen für Auszubildende und Beschäftigte?
Seehofer will angesichts der Ausweitung der Liste der sicheren Herkunftsstaaten Beschäftigte, Auszubildende und angehende Azubis von Abschiebungen ausnehmen. Das berichten die Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland unter Berufung auf den Gesetzentwurf des Bundesinnenministeriums.
Asylbewerbern und Geduldeten, die spätestens am Tag des Kabinettsbeschlusses mit Zustimmung der Ausländerbehörde eine qualifizierte Berufsausbildung aufgenommen haben, solle deren Fortsetzung ermöglicht werden. Das sieht der Gesetzesentwurf vor. Auch Menschen, die am Tag des Kabinettsbeschlusses in einem Beschäftigungsverhältnis stehen, sollen bleiben dürfen.
Im Fall von Tunesien kommt der Kabinettsbeschluss inmitten der Diskussion um die juristisch umstrittene Abschiebung des mutmaßlichen tunesischen Islamisten Sami A.