Sahra Wagenknecht auf dem Parteitag in Bonn
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Parteitag des BSW Mit Friedenstauben in den Wahlkampf

Stand: 12.01.2025 23:52 Uhr

Das BSW hat im Bundestagswahlkampf seine Strategie angepasst. Das Bündnis will sich vor allem als Friedenspartei inszenieren, sich stärker von der AfD abgrenzen - und träumt dabei von alten Zeiten.

Eine Analyse von Uli Hauck, ARD-Hauptstadtstudio

Europawahl und Landtagswahlen im Osten - im vergangenen Jahr eilte das BSW von Wahlerfolg zu Wahlerfolg. Doch sechs Wochen vor der Bundestagswahl liegt die Partei im ARD-DeutschlandTrend bei fünf, im ZDF-Politbarometer bei vier Prozent. Sahra Wagenknecht erklärt sich die schlechten Werte beim Parteitag mit der fehlenden Stammwählerschaft. Und mahnt die mehr als 600 Parteimitglieder, bis zum 23. Februar um jede Stimme zu kämpfen.

Um erstmals durch Wahlen in den Bundestag einzuziehen, hat das BSW die Strategie angepasst. Ihren scharfen Kurs in der Migrationspolitik hat die Partei zwar nicht geändert, aber das Thema hat auf dem Parteitag keine größere Rolle mehr gespielt. Man sieht offenbar, dass man in einem Überbietungswettkampf mit der AfD kaum gewinnen kann.

"Friedenspolitik" als Alleinstellungsmerkmal

Das Alleinstellungsmerkmal des Bündnis Sahra Wagenknecht soll deshalb auch im Bundestagswahlkampf die "Friedenspolitik" sein. Den meisten Applaus der Wagenknecht-Anhänger gab es immer dann, wenn es um die Positionierung als Friedenspartei ging. Klare Ansage: Es soll "keinen Cent, keine Waffen und auch keine deutschen Soldaten mehr für die Ukraine geben". Wobei in der Praxis letzteres auch von anderen Parteien so gar nicht gefordert wird. Wagenknecht setzt auf eine schnelle Verhandlungslösung, ohne Vorbedingungen für Wladimir Putin. Sie nennt keine Details dazu und nichts über den Weg dorthin.

Und Wagenknecht will "endlich wieder billige Energie" - auch aus Russland. Von Sanktionen gegen Russland und China hält die 55-Jährige auch nichts. Verhängt wurden Sanktionen nach der russischen Annexion der Krim, verschärft wurden sie nach der Invasion in der Ukraine 2022. Doch für Wagenknecht haben die Sanktionen "überhaupt nichts mit dem Ukraine-Krieg" zu tun.

Sahra Wagenknecht, Kanzlerkandidatin BSW, über politische Unterschiede zu anderen Parteien

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Für Wagenknecht sind die Sanktionen "schlicht ein Konjunkturprogramm für die US-Wirtschaft und ein Killerprogramm für deutsche und europäische Unternehmen". Um Wähler zu locken, setzen Wagenknecht und Co. auf die alte Bundesrepublik und die "guten alten Zeiten".

Passend dazu flimmern auf dem Parteitag Schwarz-Weiß-Bilder von der Friedensdemonstration im Bonner Hofgarten und Friedenstauben über die Leinwand. Sie erklärt Brandt, Schmidt, Schröder und selbst Kohl zu friedenspolitischen Vorbildern. Und fordert ein "Revival des deutschen Erfolgsmodells mit einem starken Mittelstand, mit einer sozialen Marktwirtschaft, mit guten Löhnen und mit ordentlichen Renten". Nach dem Motto, früher war alles besser. Und deshalb brauche das Land mal wieder "Politiker mit Rückgrat" und "Politiker mit Kompetenz". Dabei scheint es ihr nicht nur um inhaltliche Unterschiede zu gehen, sondern vor allem darum, die politische Konkurrenz verächtlich zu machen - ähnlich wie bei der AfD.

Stärkere Abgrenzung von AfD

Allerdings fällt auf, dass sich das BSW deutlicher als bisher von dieser AfD abgrenzt. Beim Parteitag in Bonn haben die Redner vermehrt die in Teilen rechtsextremistische Partei auf offener Bühne attackiert. Ihre Partei sei dagegen "die letzte demokratische Hoffnung im Osten" und dem müsse man gerecht werden, sagt Katja Wolf, mittlerweile BSW-Finanzministerin in Thüringen. Man sei "die Stimme für die kleinen Leute".

Die AfD sei dagegen die Partei, die mit US-Milliardären wie Elon Musk und dem künftigen US-Präsidenten Donald Trump paktiert. Vielleicht sollte die AfD sich statt "Alternative für Deutschland" "Aufrüsten für Donald" nennen, meinte die BSW-Chefin mit Blick auf den künftigen US-Präsidenten.

Außerdem will die Partei Corona-Kritiker für sich gewinnen. Auf dem Parteitag spielt die Aufarbeitung der Pandemie, die die Ampel nicht angegangen ist, eine größere Rolle. Das geht bis hin zur Behauptung eines eingeladenen Gastredners, dass das Virus nicht aus China, sondern aus einem US-Labor stammt.

Mit Fakten wurde das zwar nicht unterlegt, Wagenknecht spricht aber dennoch von einem immer noch vergifteten "Meinungsklima" und behauptet, immer mehr Menschen würden sich nicht mehr trauen, frei ihre Meinung zu sagen. Auch um diese Menschen will sie werben.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichten die tagesthemen am 12. Januar 2025 um 22:45 Uhr.