Eine junger Mann steht an einer winterlichen Straßenkreuzung und hält Flyer der CDU in der Hand.
reportage

Wahlkämpfer im Winter Wenn die klammen Finger fast egal sind

Stand: 12.01.2025 10:02 Uhr

Der Wahlkampf im Januar stellt die Parteien vor neue Herausforderungen. Die Tage sind kürzer, die Finger schnell kalt und auf den Straßen sind weniger Menschen unterwegs. Wie gehen die Wahlkämpfer damit um?

Joshua Kraski probiert es immer wieder, die Stimme stets freundlich: "Hallo, hier ist Joshua von der CDU, wir wollten Ihnen ein paar Infos zur Bundestagswahl vorbeibringen", sagt der 23-Jährige. "Schmeißen Sie es in den Briefkasten", schallt es nicht ganz so freundlich durch die Gegensprechanlage zurück.

Kraski wünscht noch ein schönes Wochenende und wirft seine Flyer ein.

Haustürwahlkampf bei Minusgraden

Als Haustürwahlkämpfer im Leverkusener Stadtteil Hitdorf braucht er nicht nur warme Kleidung, sondern auch eine hohe Frustrationstoleranz. Hin und wieder öffnet sich eine Tür, und es kommt zum Gespräch.

Eine ältere Frau erklärt, sie habe früher CDU gewählt, beim letzten Mal aber nicht mehr. Was seine Partei denn anders machen müsse, will Kraski wissen. Sie müsse dafür sorgen, dass die Betriebe wieder hochkämen und nicht alle ins Ausland gingen, antwortet die Frau. Dass sie so direkt an der Haustür angesprochen wird, finde sie gut, sagt sie noch.

Kraski glaubt, dass er sie überzeugen konnte, bei der Bundestagswahl im Februar die CDU zu wählen. "Politik muss ansprechbar sein, das schafft Vertrauen", sagt er und stapft durch den Schnee zur nächsten Haustür. In diesem Jahr sei es schwieriger, mit den Wählerinnen und Wählern ins Gespräch zu kommen. "Wenn es regnet oder so, ist so ein Winterwahlkampf schon eine Herausforderung. Gerade auch, weil die Menschen weniger draußen sind", sagt der junge Wahlkämpfer.

Plakate werden gründlich vorbereitet

Auch das Plakatieren fällt mit kalten Fingern nicht ganz leicht. Bei der Leverkusener FDP bereiten sie ihre Wahlplakate in diesem Jahr deshalb besonders gründlich vor. Zehn Mitglieder des Kreisverbandes haben sich an diesem Abend in der Parteizentrale versammelt.

Sie legen jeweils die Vorder- und Rückseite der Plakate übereinander und binden sie auf einer Seite mit Kabelbindern zusammen. Morgen beim Plakatieren muss dadurch nur noch die andere Seite zusammengebunden werden. "Das geht dann einfach schneller an der Laterne, und hier ist es wärmer als draußen", sagt die Vorsitzende Petra Franke.

Eine Frau bereitet Wahlkampfplakate der FDP vor.

Bei der Leverkusener FDP bereiten sie die Plakate sehr sorgfältig vor - damit das Aufhängen in der Kälte schneller geht.

Kampf um die besten Laternen

Sie nutzt die Gelegenheit, um ihre Parteifreunde nochmal auf die Regeln für das Plakatieren aufmerksam zu machen. Diese unterscheiden sich von Stadt zu Stadt. In Leverkusen darf zum Beispiel an jede Laterne nur maximal ein Plakat. Außerdem müssen danach die nächsten drei Laternen freigelassen werden, damit auch andere Parteien die Chance haben, dort zu plakatieren. Franke warnt vor Strafzahlungen. "Das ist echt teuer, und außerdem ist es mir unangenehm", sagt sie mit strengem Blick. Man sei ja schließlich eine Rechtsstaatspartei.

Im Winter sei es schwieriger, Freiwillige für das Plakatieren zu finden, sagt Franke. Fünf oder sechs Stunden in der Kälte auf der Leiter zu stehen, das könne man nicht von jedem verlangen. Am nächsten Tag rückt sie zusammen mit einem Parteifreund in die Fußgängerzone aus, um sich dort die besten Laternen zu sichern.

Eine Mann steht auf einer Leiter und befestigt ein Plakat der Grünen an einem Laternenmast.

Niklas Baumbach macht zum ersten Mal Wahlkampf für die Grünen - er hat trotz der Temperaturen Spaß am Plakatieren.

Mit kalten Fingern auf der Leiter

Die Leverkusener Grünen haben sich eine Laterne ausgesucht, die sich vor einer großen Kreuzung befindet. "An der Ampel wartet man, also strategisch gut positioniert", stellt Niklas Baumbach zufrieden fest.

Er ist erst vor wenigen Monaten Parteimitglied geworden. Gerade hängt er zum ersten Mal in seinem Leben selbst ein Wahlplakat auf. Die Neuwahlen seien für ihn der perfekte Zeitpunkt gewesen, um den Grünen beizutreten und für seine Werte zu kämpfen.

Baumbach bereut es nicht, auch wenn seine Finger inzwischen ziemlich kalt sind. Mit Handschuhen sind die Kabelbinder kaum zu greifen. Dank der netten Parteikollegen, mit denen er unterwegs ist, mache das Plakatieren sogar Spaß.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichteten die tagesthemen am 10. Januar 2025 um 21:45 Uhr.