Migrationspolitik Asylanträge sinken deutlich, Kommunen klagen weiter
Nach vorläufigen Zahlen haben 2024 gut ein Drittel weniger Menschen in Deutschland Asyl beantragt. Die Bundesregierung sieht das als Bestätigung ihrer Politik. Städte und Gemeinden sind weniger euphorisch.
Kanzleramtsminister Wolfgang Schmidt scheint stolz zu sein. Jeden Monat postet er in sozialen Netzwerken die neusten Asylzahlen. Der Trend: sinkend. Nach vorläufigen Zahlen haben die deutschen Behörden im vergangenen Jahr knapp 213.500 Asylgesuche registriert. Das sind 34 Prozent weniger als im Jahr davor.
Regierungssprecher Wolfgang Büchner erklärt das so: "Grundsätzlich sehen wir eben, dass die von der Bundesregierung ergriffenen Maßnahmen durchaus auch schon wirksam sind." Zu den Maßnahmen gegen irreguläre Migration zählen unter anderem Grenzkontrollen mit Zurückweisungen. Mehr Abschiebungen. Und die europäische Asylreform.
Städte- und Gemeindebund: "keine Entwarnung"
Uwe Brandl sieht die sinkenden Asylzahlen weniger euphorisch. Er ist Präsident des Deutschen Städte- und Gemeindebunds und spricht für etwa 11.000 Kommunen. "In Anbetracht der Tatsache, dass wir innerhalb von drei Jahren zwei Millionen Menschen mehr in der Bundesrepublik haben, die wir in diesen Systemen zu betreuen haben, kann von einer Entwarnung nicht annähernd die Rede sein."
Brandl war lange Bürgermeister der Stadt Abensberg in Niederbayern. Nach den Worten des CSU-Politikers schieben Städte und Gemeinden eine enorme Last vor sich her. Er sieht die Unterbringung der Geflüchteten nach wie vor als das größte Problem.
Weil bezahlbare Wohnungen fehlen, bleiben viele Flüchtlinge länger in staatlichen Unterkünften. Und die Konkurrenz auf dem ohnehin schon angespannten Wohnungsmarkt wird noch härter. Auch durch die mehr als eine Million Ukrainerinnen und Ukrainer in Deutschland.
Brandl schlägt vor, die Unterbringung der Asylbewerber zu zentralisieren und zu digitalisieren. Das würde die Kommunen entlasten.
Familiennachzug strenger regeln
Außerdem fordert er strengere Regeln, wenn Flüchtlinge ihre Familie nachholen. Sie sollten künftig erst eine Wohnung und ausreichend Einkommen nachweisen müssen.
Der Präsident des Städte- und Gemeindebunds hält auch die Sozialleistungen für zu hoch: "Da sind die Leistungen auf ein Niveau zu bringen, das dem europäischen Niveau entspricht. Angepasst natürlich an die jeweiligen Preisindizes, die in den Ländern typisch sind. Das würde schon ein deutliches Entlastungsmomentum bringen."
Brandl hält dafür eine Änderung des Grundgesetzes für nötig. Das setzt eine Zweidrittelmehrheit voraus - in Bundestag und Bundesrat.
Mehr Geld vom Bund?
Auch André Berghegger hält einen Kurswechsel für nötig. Vor allem beim Geld. Der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebunds erwartet, dass Bund und Länder mehr von ihren Steuereinnahmen abgeben. Aktuell fließen etwa 14 Prozent an die Kommunen.
"Die Gelder von der Bundesebene für Integrations-, für Sprachkurse: Die müssen erhöht und nicht reduziert werden. Jetzt haben wir noch nicht mal einen Haushalt. Das führt zu einer großen Verunsicherung vor Ort. All das fangen wir kommunal freiwillig zum Teil auf, weil wir ja helfen wollen", so Berghegger.
Der frühere CDU-Bundestagsabgeordnete sieht die Kommunen an der Leistungsgrenze. Die Kraft von Ehrenamtlichen und Behördenmitarbeitern sei begrenzt.
Auf Nachfrage kommt etwas Selbstkritik der Kommunen: Schließlich sind Städte und Landkreise für die Ausländerbehörden verantwortlich. Die Personaldecke dort ist laut Städte- und Gemeindebund "zu dürftig". Der Aufwuchs sei "überschaubar".