Grenzwert von 3,5 Nanogramm Neue Cannabis-Regeln im Verkehr beschlossen
Kiffen und dann Autofahren? Dafür gilt künftig ein neuer THC-Grenzwert. Wer mit 3,5 Nanogramm oder mehr erwischt wird, riskiert eine Strafe. Das hat der Bundestag beschlossen. Die CDU spricht von einem "schwarzen Tag für die Verkehrssicherheit".
Der Bundestag hat neue Regeln zu Cannabis im Straßenverkehr beschlossen. Wer mit 3,5 Nanogramm Tetrahydrocannabinol (THC) pro Milliliter oder mehr unterwegs ist, riskiert in der Regel 500 Euro Bußgeld und einen Monat Fahrverbot. Damit folgt der Bundestag der Empfehlungen einer Expertenkommission des Verkehrsministeriums.
In Kraft treten dürfte der neue Grenzwert samt Bußgeldern bei Verstößen voraussichtlich im Sommer. Der Bundesrat will sich voraussichtlich am 5. Juli mit dem Gesetz befassen, in Kraft tritt es dann nach der Verkündung. Zustimmungsbedürftig ist es nicht, die Länderkammer könnte das Verfahren aber prinzipiell noch abbremsen.
Grenzwert folgt Empfehlung von Expertenkommission
Bisher galt die strikte Linie, dass schon beim Nachweis von Tetrahydrocannabinol (THC) Konsequenzen drohen. Der neue Grenzwert ist laut Experten vergleichbar mit 0,2 Promille Alkohol und liegt klar unter der Schwelle von 7 Nanogramm, ab der eine Risikoerhöhung beginnt. Eingerechnet ist auch ein Zuschlag für Messfehler. Mit dem Grenzwert sollen nur diejenigen sanktioniert werden, bei denen der Cannabis-Konsum "in einem gewissen zeitlichen Bezug zum Führen eines Kraftfahrzeugs erfolgte".
Direkt nach dem Konsum eines Joints seien im Blutserum etwa zehn bis 150 Nanogramm THC pro Milliliter, sagt Stefanie Iwersen-Bergman, Leitung der Toxikologie im Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf und Mitglied der Expertengruppe.
"Studien zeigen, dass der THC-Wert bei Gelegenheitskonsumenten innerhalb von etwa acht Stunden auf unter ein Nanogramm pro Milliliter Serum abfällt." Dadurch wäre es wieder möglich, verantwortungsbewusst am Straßenverkehr teilzunehmen. Wer sehr häufig bis dauerhaft konsumiert, könne auch längere Zeit nach dem Konsum noch THC-Konzentrationen von mehreren Nanogramm aufweisen.
Mischkonsum mit Alkohol verboten
Wer Cannabis konsumiert hat, für den gilt außerdem ein komplettes Alkoholverbot im Straßenverkehr. Bei Verstößen droht ein höheres Bußgeld von in der Regel 1.000 Euro. Für Fahranfänger heißt es künftig wie schon bei Alkohol: In der zweijährigen Führerschein-Probezeit und für unter 21-Jährige gilt ein Cannabis-Verbot - der Grenzwert von 3,5 greift hier also nicht. Sanktion: in der Regel 250 Euro.
Bei THC am Steuer geht es um Cannabiskonsum aller Art - also Joints, aber auch THC-haltige Esswaren, Getränke, Öle und Extrakte. Ausdrücklich ausgenommen ist aber, wenn man THC als für einen konkreten Krankheitsfall verschriebenes Arzneimittel einnimmt.
Wie wird kontrolliert?
Bei Kontrollen sollten empfindliche Speicheltests als Vorscreening eingesetzt werden. Wenn jemand Anzeichen von Ausfallerscheinungen zeige, kann aber auch bei negativem Speicheltest eine Blutprobe erforderlich sein.
Der neue THC-Grenzwert wird unterschiedlich bewertet: CDU-Fachpolitiker Florian Müller sprach von einem "schwarzen Tag für die Verkehrssicherheit". Die Beratungen hätten gezeigt, dass es der Ampelkoalition darum gehe, Cannabis-Konsumenten das Autofahren zu erleichtern. Absurd sei die Argumentation, dass es eine Gerechtigkeitsfrage sei, Cannabis-Konsumenten und Alkoholtrinker gleichzustellen.
Das Verkehrsministerium erklärte, es werde Rechtsklarheit für alle Beteiligten geschaffen, das sei ein "maßgeblicher Beitrag zur Straßenverkehrssicherheit". Der TÜV-Verband hält die Erhöhung für zu früh anhand der wissenschaftlichen Erkenntnisse, die es bisher gibt.
Enge Grenzen für Anbauvereine beschlossen
Der Bundestag hat außerdem auf Wunsch der Länder am Legalisierungsgesetz nachgebessert. Damit aus den ab 1. Juli erlaubten Anbauvereinen keine großen Plantagen werden, sollen Genehmigungen verwehrt werden können, wenn Anbauflächen in einem "baulichen Verbund" oder unmittelbarer Nähe mit denen anderer Vereine stehen.
Außerdem werden Kontrollen flexibler: Statt jährlich heißt es nun, sie sollten "regelmäßig" stattfinden. Eine erste Auswertung von Folgen vor allem für den Kinder- und Jugendschutz soll unter anderem auch auf die nun legalen Besitzmengen ausgedehnt werden. So werde der Schutzcharakter des Gesetzes weiter gestärkt, sagte der Grünen-Gesundheitsexperte Janosch Dahmen.
Seit dem 1. April gilt die Teillegalisierung von Cannabis in Deutschland.