30 Jahre alte Rechtsprechung Bundesverfassungsgericht hält an Cannabisverbot fest
Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden: Cannabisbesitz darf weiter bestraft werden. Drei Amtsgerichte hatten das fast 30 Jahre alte Verbot zuvor für nicht mehr verfassungsgemäß gehalten.
Drei Amtsgerichte hatten sich an das oberste deutsche Gericht gewandt. Sie hatten über Menschen zu urteilen, die angeklagt worden waren, weil sie Cannabis besaßen, angebaut oder weiterverkauft hatten. Die Amtsrichter haben diese Strafverfahren jeweils ausgesetzt, weil sie das Cannabisverbot in Deutschland für nicht mehr verfassungsgemäß halten.
1994 hatte das Bundesverfassungsgericht die Strafbarkeit gebilligt. Das Amtsgericht Bernau bei Berlin begründet ausführlich, warum diese Entscheidung nicht mehr zeitgemäß sei: Der langfristige Cannabiskonsum habe sich inzwischen als weit weniger gefährlich erwiesen als ursprünglich angenommen. Das Suchtpotenzial von Cannabis sei wesentlich geringer als das von Nikotin oder Alkohol.
Andere Staaten als Vorbild
Andere Staaten hätten es im Übrigen vorgemacht. Man müsse nicht alles verbieten, um die Gesundheit der Bevölkerung zu schützen. Im Gegenteil hätte das Totalverbot gezeigt, dass der Drogenhandel damit nicht unterbunden werde, sondern ein unkontrollierter Schwarzmarkt entstünde.
Das Verbot verstoße jedenfalls schon deswegen gegen die Verfassung, weil bereits für den Besitz geringer Mengen eine erhebliche Freiheitsstrafe angedroht würde, ohne dass überhaupt klar sei, ob jemand anderes dadurch gefährdet würde.
Richter sehen keine ausreichende Begründung
Zwei Richterinnen und ein Richter des Bundesverfassungsgerichts haben die Vorlagen der Amtsgerichte jetzt jedoch als unzulässig erklärt. Die Kollegen von den Amtsgerichten hätten nicht ausreichend begründet und belegt, warum von der früheren Verfassungsgerichtsentscheidung heute abzuweichen sei.
Das Bundesverfassungsgericht hätte schon 1994 zugestanden, dass die gesundheitlichen Schäden bei mäßigem Genuss als eher gering einzuschätzen sind. Insofern hätten die Amtsgerichte nichts Neues vorgetragen.
Sie würden selbst nicht davon ausgehen, dass Cannabis völlig ungefährlich sei. Und die Verfassungsrichter finden, die Kollegen an den Amtsgerichten hätten das Ziel des Gesetzgebers nicht richtig verstanden. Es gehe nicht nur um den einzelnen Konsumenten, sondern auch um Jugendschutz und den Kampf gegen die Organisierte Kriminalität.
Änderung müsste per Gesetz geschehen
Schon 1994 hätte das Bundesverfassungsgericht gesagt: Der Gesetzgeber habe einen Spielraum, wie er diese Ziele erreichen will. Und die Amtsgerichte, die sich heute über das aktuelle Recht beschweren, hätten nicht belegt, dass es neue gesicherte kriminologische Erkenntnisse gibt, die den Gesetzgeber dazu zwingen, jetzt ganz anders vorzugehen.
Außerdem: Nur weil andere Staaten ihre Drogenpolitik lockern, sei das noch kein Grund, dass hier von Verfassung wegen anders vorzugehen sei. Zum Argument, dass Alkohol schädlicher und gefährlicher sei als Cannabis, sagt das Verfassungsgericht: "Ja, das haben wir schon 1994 anerkannt. Aber wir haben damals auch gesagt, dass sich der Konsum von Alkohol letztlich nicht effektiv unterbinden lässt."
Mit der Entscheidung des Verfassungsgerichts ist klar: Wenn sich in Sachen Cannabisverbot etwas ändern soll, muss das der Gesetzgeber regeln.
Aktenzeichen: 2 BvL 3/20 und weitere