Verletzte Polizisten in Stuttgart Erneut Ausschreitungen bei Eritrea-Veranstaltung
Etwa 200 Menschen haben in Stuttgart Teilnehmer einer Veranstaltung eritreischer Vereine angegriffen. Auch Polizisten wurden attackiert - zum Teil mit Flaschen und Holzlatten. Laut Behörden wurden mehr als 30 Teilnehmer und Polizisten verletzt.
Bei einer Veranstaltung von Exil-Eritreern in Deutschland hat es gewaltsame Zusammenstöße mit Verletzten gegeben. Wie die Polizei in Stuttgart mitteilte, kam es dort am Samstag anlässlich einer angemeldeten Veranstaltung eines eritreischen Vereins "zu massiven Ausschreitungen".
Bis zu 200 Personen hätten Teilnehmer des Treffens sowie Polizisten mit Steinen, Flaschen und Holzlatten angegriffen, teilte ein Polizeisprecher am Samstag mit. Mehr als 30 Menschen seien dabei verletzt worden. Die Angriffe kamen laut Polizei aus den Reihen von mehreren hundert Gegnern der angemeldeten Veranstaltung, bei denen es sich mutmaßlich um Kritiker des eritreischen autoritären Regimes handelte.
Verstärkung durch die Bundespolizei
Etwa 200 Menschen hatten sich nach Polizeiangaben am Samstagnachmittag zu einer Veranstaltung des Verbands eritreischer Vereine in Stuttgart und Umgebung versammelt. Die Vereine sympathisierten mit der Regierung in Eritrea, so der Polizeisprecher. Zur Mittagszeit hätten sich dann mehrere Kleingruppen von Oppositionellen am Bahnhof Bad Cannstatt und am Stuttgarter Hauptbahnhof versammelt. Sie seien am Stuttgarter Römerkastell auf die Beamten losgegangen, hätten sie mit Flaschen und Steinen beworfen. Einige Teilnehmer nutzten auch Holzlatten, teilweise mit Nägeln bestückt und Metallstangen, um Beamte anzugreifen, sagte der Polizeisprecher.
Die Polizei, die nach eigenen Angaben mit mehr als 300 Beamten im Einsatz war, sei mit Schlagstöcken und Pfefferspray gegen die Angreifer vorgegangen. Aus umliegenden Polizeipräsidien wurden Kräfte angefordert, auch die Bundespolizei unterstützte den Einsatz. Insgesamt wurden der Polizei zufolge 26 Polizeibeamte, vier Veranstaltungsteilnehmer und zwei der Oppositionellen bei den Ausschreitungen verletzt. Sechs Beamte mussten demnach im Krankenhaus behandelt werden, fünf Polizisten konnten ihren Dienst nicht weiter ausführen.
Die Polizei kesselte laut eigenen Angaben 170 Personen ein. Sie würden des schweren Landfriedensbruchs beschuldigt, sagte der Sprecher. Die Beamten stellten die Personalien der Demonstrierenden fest und sprachen Platzverweise aus. Am Abend war die Lage laut Polizei dann weitgehend stabil.
Stadt Stuttgart: Keine Gründe für Verbot
Nach Ansicht der Stadt Stuttgart gab es keine Gründe für ein Verbot des Treffens. "Versammlungen im geschlossenen Raum sind nicht anmeldepflichtig", teilte die Landeshauptstadt am Samstagabend mit. "Es lagen keine Gründe für ein Verbot der heutigen Eritrea-Veranstaltung vor." Die Stadt Stuttgart werde Konsequenzen aus den Ermittlungsergebnissen der Staatsanwaltschaft ziehen.
Oberbürgermeister Frank Nopper (CDU) sagte, dass man die Gewalttätigkeiten und Ausschreitungen aufs Schärfste verurteilte. "Wir müssen mit aller Entschiedenheit gegen die Austragung von Konflikten aus anderen Staaten auf deutschem Boden vorgehen." Er wünschte den verletzten Polizistinnen und Polizisten baldige Genesung.
Die Stadt kündigte an, mit den betroffenen Gruppierungen Kontakt aufzunehmen. "Wir werden nächste Woche sofort mit den in Stuttgart ansässigen Vereinen das Gespräch suchen", teilte der städtische Integrationsbeauftragte Gari Pavkovic mit. "Unsere Linie in den regelmäßigen Gesprächen mit den verschiedenen Migrantenorganisationen ist, dass wir in Stuttgart keine Auseinandersetzungen und Ausschreitungen zu den Konflikten in den Herkunftsländern dulden."
Landes-CDU fordert Ausweisungen
Der CDU-Fraktionschef im baden-württembergischen Landtag, Manuel Hagel, sprach von "Gewaltausbrüchen", die "ungeheuerlich" seien. "Das können wir auf unseren Straßen nicht akzeptieren! Diese Leute, die so brutal gegen andere Menschen, gegen unsere Polizistinnen und Polizisten vorgehen, haben ihr Recht, bei uns Schutz und Zuflucht zu finden, verwirkt." Hagel forderte sofortige Ausweisungen. Notfalls müsse dafür das Aufenthaltsgesetz verschärft werden.
Der Landesvorsitzende der Jungen Union Baden-Württemberg, Florian Hummel, sagte, die Ausschreitungen seien Ausdruck staatlichen Kontrollverlusts. "Diesen Kontrollverlust dürfen wir nicht weiter hinnehmen und müssen uns vor allem in der Migrationspolitik ehrlich machen: Es kann nicht sein, dass importierte Konflikte auf deutschen Straßen ausgetragen werden."
Autoritär regiertes Eritrea
Bereits im Juli war es im hessischen Gießen zu Ausschreitungen bei einem Eritrea-Festival mit mindestens 26 verletzten Polizisten gekommen, als Gegner der Veranstaltung Sicherheitskräfte mit Stein- und Flaschenwürfen attackierten und Rauchbomben zündeten. Die Beamten hatten unter anderem Schlagstöcke gegen sie eingesetzt. Die Organisatoren des Events in Gießen standen der umstrittenen Führung des ostafrikanischen Landes nahe.
Eritrea mit seinen gut drei Millionen Einwohnern liegt im Nordosten Afrikas am Roten Meer und ist international weitgehend abgeschottet. Seit einer in einem jahrzehntelangen Krieg erkämpften Unabhängigkeit von Äthiopien vor 30 Jahren regiert Präsident Isaias Afewerki in einer Ein-Parteien-Diktatur das Land. Andere Parteien sind verboten, die Meinungs- und Pressefreiheit ist stark eingeschränkt. Es gibt weder ein Parlament noch unabhängige Gerichte oder zivilgesellschaftliche Organisationen. Zudem herrscht ein strenges Wehrdienst- und Zwangsarbeitssystem, vor dem viele Menschen ins Ausland fliehen.