Rede bei Ausstellungseröffnung Nan Goldin kritisiert Israel und Deutschland scharf
Bei der Eröffnung ihrer Retrospektive in Berlin hat die Fotografin Nan Goldin Israels Vorgehen im Nahost-Konflikt angeprangert. Auch Deutschland macht sie für das Leid der Zivilbevölkerung verantwortlich.
Begleitet von lautstarken Aktivisten hat die Künstlerin Nan Goldin ihre Ausstellung in Berlin mit einer Rede eröffnet, in der sie das Vorgehen Israels im Gaza-Krieg scharf kritisierte. Zudem verurteilte sie mehrmals Deutschlands vermeintliche Haltung in dem Konflikt.
"Deutschland ist die Heimat der größten palästinensischen Diaspora Europas. Dennoch werden Proteste mit Polizeihunden bekämpft", so Goldin in ihrer Rede in der Neuen Nationalgalerie."Ich habe beschlossen, diese Ausstellung als Plattform zu nutzen, um meiner moralischen Empörung über den Völkermord in Gaza und im Libanon Ausdruck zu verleihen", sagte sie auf der Bühne.
"Haben Sie Angst, das zu hören, Deutschland?"
Goldin stammt aus einer jüdischen Familie. "Meine Großeltern entkamen den Pogromen in Russland", sagte sie. "Ich bin mit dem Wissen über den Nazi-Holocaust aufgewachsen. Was ich in Gaza sehe, erinnert mich an die Pogrome, denen meine Großeltern entkommen sind." Bei dem Krieg handele es sich um einen Krieg gegen Kinder, so Goldin weiter. "Haben Sie Angst, das zu hören, Deutschland?"
Ihre knapp vierzehnminütige Rede hatte sie mit einer vierminütigen Schweigepause begonnen, um an die Todesopfer in den palästinensischen Gebieten, im Libanon und auch in Israel zu erinnern, wie sie sagte.
Zustimmung und Protest
Goldins Rede wurde von lautstarkem Applaus von Teilen des Publikums begleitet. Im Anschluss daran hielten Dutzende propalästinensische Aktivisten in und vor der Nationalgalerie Flaggen und Banner hoch und forderten in Sprechchören unter anderem die "Freiheit Palästinas".
Klaus Biesenbach, Direktor der Neuen Nationalgalerie, versuchte eine Gegenrede zu halten, wurde dabei aber niedergeschrien. Als sich die Lage beruhigt hatte, las er die Rede noch einmal vor. "Wie ich bereits in meiner Einleitung erwähnt habe, stimme ich mit Ihrer Meinung nicht überein", so Biesenbach. "Dennoch stehe ich für Ihr Recht ein, sich frei zu äußern."
Retrospektive "This Will Not End Well"
Die 71-jährige US-Amerikanerin Goldin zählt zu den renommiertesten Künstlerinnen der zeitgenössischen Fotografie. Die Retrospektive "This Will Not End Well" zeigt Goldins Lebenswerk mit Diashows und Filmen, unterlegt mit Musikstücken und Tonspuren.