Kinder stehen in einem Kindergarten, nur bis zu den Schultern sichtbar.

Jugendämter melden Höchststand Kindeswohl immer öfter gefährdet

Stand: 06.09.2024 12:35 Uhr

Vernachlässigung, psychologische Gewalt oder Missbrauch: Deutschlands Jugendämter registrieren immer mehr Fälle von Kindeswohlgefährdung. Laut statistischem Bundesamt gab es 2023 so viele Meldungen wie noch nie - die Dunkelziffer ist hoch.

Die Zahl der Kindeswohlgefährdungen in Deutschland hat im vergangenen Jahr einen neuen Höchststand erreicht. 2023 stellten die Jugendämter bei mindestens 63.700 Kindern oder Jugendlichen eine Gefährdung fest.

Laut Statistischen Bundesamt in Wiesbaden waren das rund 1.400 Fälle mehr als 2022. Das entspricht einem Anstieg von rund 2 Prozent. In Wahrheit dürften die Zahlen aber deutlich höher liegen.

"Da einige Jugendämter für das Jahr 2023 keine Daten melden konnten, ist sicher, dass der tatsächliche Anstieg noch deutlich höher ausfiel", heißt es von den Statistikern. Die Gesamtzahl könnte sogar bei 67.300 Fällen liegen.

Wird diese höhere Schätzung zugrunde gelegt, so könnte es einen Anstieg der Kindeswohlgefährdungen im Vergleich zum Vorjahr von 4.700 Fällen (plus 7,6 Prozent) liegen.

Wird zusätzlich der allgemeine Anstieg berücksichtigt, erhöht sich das Plus sogar auf rund 5.000 Fälle (8 Prozent mehr). Nach dieser Schätzung läge die Gesamtzahl im Jahr 2023 bei 67.300 Fällen.

Feststellung mit etwa acht Jahren

Bei der Feststellung der Kindeswohlgefährdung waren die Kinder im Schnitt 8,2 Jahre alt. Bei den jüngeren Kindern bis 12 Jahren waren eher Jungen, bei den Jugendlichen ab dem 13. Lebensjahr die Mädchen betroffen.

Die meisten Minderjährigen mit Kindeswohlgefährdung wuchsen bei alleinerziehenden Elternteilen (39 Prozent) auf. In knapp jedem dritten Fall (31 Prozent) waren ein oder beide Elternteile nicht in Deutschland geboren und die vorrangige Familiensprache nicht Deutsch.

Vernachlässigung dominiert

In den meisten Fällen stellten die Behörden Anzeichen von Vernachlässigung fest (58 Prozent). Bei 36 Prozent der Betroffenen gab es Hinweise auf psychische Misshandlungen. Geringer fielen die Anteile von körperlicher (27 Prozent) und sexueller Misshandlung (6 Prozent) aus.

Den Jugendämtern zufolge erlebt ein Teil der Kinder mehrere dieser Gefährdungsarten gleichzeitig. 2023 traf das auf jeden vierten Fall von Kindeswohlgefährdung zu.

Die meisten der insgesamt 211.700 Hinweismeldungen kam von Polizei und Justiz. Nur bei einem Zehntel kamen die Hinweise aus den Familien oder von den Betroffenen selbst.