Anschlag auf Weihnachtsmarkt Eine Stadt unter Schock
Nach dem Anschlag auf den Weihnachtsmarkt in Magdeburg sind viele Fragen offen - allen voran nach den Motiven des festgenommenen Tatverdächtigen. Kanzler Scholz und Innenministerin Faeser wollen heute in die Stadt kommen. Am Abend findet eine Trauerfeier statt.
Einen Tag nach der Tat mit zwei Toten und Dutzenden Verletzten sind weiterhin viele Fragen offen - allen voran nach den Motiven des festgenommenen Tatverdächtigen für den mutmaßlichen Anschlag. "Wir kennen noch keine Hintergründe zur Tat, wir ziehen alles in Betracht", sagte eine Sprecherin der Polizei auf Nachfrage.
Ermittler gehen von einem Einzeltäter aus
Weiterhin gehen die Ermittlungsbehörden von einem Einzeltäter aus. Hinweise, nach denen ein zweites, möglicherweise tatrelevantes Auto in der Innenstadt gesichtet wurde, hätten sich nicht bestätigt, teilte die Polizei auf X mit. "Aktuell haben wir keine Hinweise auf Mittäter", sagte eine Sprecherin. Es würden unter anderem Durchsuchungen durchgeführt.
Die Sprecherin sagte am Morgen, es laufe eine Durchsuchung in Bernburg. Details nannte sie nicht. Der Tatverdächtige wurde offiziellen Angaben aus der Nacht nach verhört.
Mann aus Saudi-Arabien
Der 50-Jährige aus Saudi-Arabien war am Tatort von Einsatzkräften gestellt und festgenommen worden. Der Verdächtige sei Arzt, lebe und arbeite in Bernburg, sagte Haseloff. Nach bisherigen Erkenntnissen sei er den Behörden nicht als Islamist bekannt. Der Täter raste laut Haseloff mit einem Leihwagen in die Menschenmenge auf dem Weihnachtsmarkt.
Nach Recherchen von WDR und NDR soll er in der saudischen Exil-Community eine durchaus prominente Figur sein und als Ansprechpartner für Asylsuchende, insbesondere Frauen, gegolten haben. Seit 2016 hat er den Asylstatus als politischer Flüchtling. Äußerungen, die der Mann bis zuletzt in sozialen Medien getätigt haben soll, liefern Hinweise darauf, dass er sich möglicherweise verfolgt gefühlt haben könnte und dass er eine Islamisierung Deutschlands befürchtete.
Gedenkfeier am Abend
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier zeigte sich entsetzt. "Die Vorfreude auf ein friedliches Weihnachtsfest wurde durch die Meldungen aus Magdeburg jäh unterbrochen", erklärte er. Kanzler Olaf Scholz erklärte, seine Gedanken seien bei den Opfern und ihren Angehörigen. Er dankte "den engagierten Rettungskräften in diesen bangen Stunden".
Ähnlich äußerten sich zahlreiche weitere Politikerinnen und Politiker. Bundesinnenministerin Nancy Faeser sagte der Landesregierung von Sachsen-Anhalt Hilfe des Bundes bei den Ermittlungen zu. Scholz und Faeser wollen heute in die Landeshauptstadt nach Sachsen-Anhalt kommen.
AfD-Landtagsfraktion fordert Aufklärung
Die AfD-Landtagsfraktion forderte eine Sondersitzung des Innenausschusses - auch zur Aufklärung möglicher Verfehlungen oder Versäumnisse. Es müsse deutlich werden, was man wisse, wer gehandelt habe und wer nicht, sagte der innenpolitische Sprecher der AfD-Landtagsfraktion, Matthias Büttner, im Landtag in Magdeburg.
Auch sei zu hinterfragen, ob das Sicherheitskonzept des Weihnachtsmarkts so aufgestellt worden sei, dass man die Tat hätte verhindern können, so Büttner. "Ich denke, dass es eben nicht der Fall war, ansonsten hätten wir eben keinen Attentäter mit einem Auto auf den Weihnachtsmarkt hier in Magdeburg gehabt, der so viele Menschen verletzt hat und leider Gottes auch töten konnte."
Kultureinrichtungen bleiben aus Trauer geschlossen
Am Abend soll es eine Gedenkfeier für die Opfer im Magdeburger Dom geben. Man wolle Betroffenen, Angehörigen und allen anderen Bürgern eine Möglichkeit zum Trauern geben, sagte Oberbürgermeisterin Simone Borris am Abend unter Tränen vor Journalisten. "Wir werden eine lange Zeit zum Trauern brauchen", sagte sie sichtlich fassungslos. "Wir werden das alles umfassend aufarbeiten."
In der Stadt bleiben als Zeichen der Trauer alle städtischen Kultureinrichtungen, darunter das Theater, das Puppentheater und die Museen geschlossen. Die Schließung gelte für "die kommenden Tage" - nähere Angaben gab es nicht.
Berlin erhöht Polizeipräsenz auf Weihnachtsmärkten
In Berlin erhöht die Polizei vorsorglich ihre Präsenz auf den Weihnachtsmärkten. Das teilte Berlins Innensenatorin Iris Spranger mit. Polizei und Feuerwehr hätten den Magdeburger Kolleginnen und Kollegen zudem umgehend ihre Unterstützung angeboten. In Berlin hatte es vor acht Jahren einen ähnlichen, islamistischen Anschlag auf den Weihnachtsmarkt am Breitscheidplatz gegeben.