Ein Polizeiauto fährt durch eine Straße in Gelsenkirchen, in der es am Morgen zu einem Polizeieinsatz im Zusammenhang mit der Razzia gegen ein Schleuser-Netzwerk kam.

Einsatz von 500 Bundespolizisten Großrazzia gegen Netzwerk von Schleusern

Stand: 04.12.2024 10:51 Uhr

Ein irakisch-kurdisches Netzwerk soll Flüchtlinge in minderwertigen Schlauchbooten über den Ärmelkanal geschleust haben. Jetzt geht die Polizei mit einer großangelegten Razzia gegen die Schleuser vor.

In Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg läuft seit den frühen Morgenstunden ein internationaler Polizeieinsatz gegen ein irakisch-kurdisches Schleusernetzwerk. Die gesuchten Tatverdächtigen sollen Migrantinnen und Migranten aus dem Mittleren Osten und Ostafrika "in kleinen minderwertigen Schlauchbooten" von Frankreich nach Großbritannien geschleust haben, wie eine Sprecherin der Bundespolizei der Deutschen Presse-Agentur in Düsseldorf sagte. Zuvor hatte die "Bild" berichtet. 

Die Ermittlungen werden der Sprecherin zufolge von Frankreich geleitet. Die Bundespolizei in Nordrhein-Westfalen sei gebeten worden, hier mehr als zehn europäische Haftbefehle zu vollstrecken. "Soweit wir die Leute antreffen", so die Sprecherin. Dabei gehe es sowohl um Drahtzieher als auch einfache Mitglieder des Netzwerks. Schwerpunkt der Aktion mit mehr als 500 Beamten der Bundespolizei allein in NRW sei hier das Ruhrgebiet. Darüber hinaus gebe es Polizeimaßnahmen in Baden-Württemberg.

Auch französische Ermittler im Einsatz

Der Großeinsatz wird von den europäischen Behörden Europol und Eurojust koordiniert. In Nordrhein-Westfalen sind nach Angaben der Bundespolizei in Sankt Augustin auch mehr als 20 französische Ermittlerinnen und Ermittler sowie drei Europol-Experten dabei. Zu konkreten Einsatzorten wollte die Bundespolizei keine Angaben machen. Nähere Angaben seien für morgen geplant, sagte die Sprecherin. Bekannt wurde aber, dass unter anderem Gelsenkirchen zu den Einsatzorten gehört haben soll. 

"Die heutigen Razzien und Festnahmen sind ein erneuter harter Schlag gegen die brutale internationale Schleuserkriminalität", erklärte Bundesinnenministerin Nancy Faeser. Die Banden, die Menschen unter Gewalt in Schlauchboote pferchten, setzten Menschenleben aufs Spiel, so die SPD-Politikerin. "Gegen dieses skrupellose Geschäft mit der Not von Menschen gehen wir weiter hart vor."

Erst im Februar hatte es in vier Bundesländern einen großen Polizeieinsatz gegen ein irakisch-kurdisches Schleusernetzwerk gegeben. Schwerpunkt war wiederum Nordrhein-Westfalen mit allein hier rund 700 beteiligten Beamtinnen und Beamten. Nach damaligen Angaben von Europol waren mehr als 15 Haftbefehle vollstreckt worden.

Großbritannien will stärker gegen Schleuser vorgehen

Seit Jahren überqueren Migrantinnen und Migranten in großer Zahl von Nordfrankreich aus den Ärmelkanal, um Großbritannien zu erreichen. Der britischen Nachrichtenagentur PA zufolge kamen auf diesem Weg in diesem Jahr bisher mehr als 33.000 Menschen an. Schleuser pferchen die Menschen auf überfüllte Schlauchboote, die bei der Überfahrt häufig sinken. In diesem Jahr kamen dabei nach Polizeiangaben bereits mindestens 72 Migranten ums Leben, wie die Zeitung Le Parisien im vergangenen Monat berichtet hatte.

Großbritanniens frühere konservative Regierung hatte Menschen von der Überfahrt abhalten wollen, indem sie Migrantinnen und Migranten drohte, sie ohne Rücksicht auf ihre Herkunft nach Ruanda abzuschieben. Gerichte und Menschenrechtsorganisationen kritisierten den Plan scharf. Die neue britische Regierung von Premierminister Keir Starmer will dagegen den Grenzschutz ausbauen und stärker gegen Schleuserbanden vorgehen.

Ludger Kazmierczak, Ludger Kazmierczak, ARD Den Haag, tagesschau, 04.12.2024 11:00 Uhr

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 04. Dezember 2024 um 10:43 Uhr.