Angebote für Kinder Wo es beim Schwimmenlernen hakt
Jeder fünfte Sechs- bis Zehnjährige kann nicht schwimmen. Auch, weil zu wenige Grundschulen Schwimmunterricht durchführen. In Bremen stehen die Eltern noch vor einem weiteren Problem.
Etwa eine Stunde, bevor die Kasse im Bremer Südbad öffnet, kommen die ersten Kunden und stellen sich an. Es sind Eltern, die für ihr Kind einen Platz in einem Schwimmkurs buchen möchten. Die Kurse seien begehrt - wer nicht früh genug da ist, bekomme keinen Platz mehr.
"Das ist mein dritter Versuch, einen Platz für meine ältere Tochter zu bekommen", erklärt Benjamin Arslan. Er steht seit 7.15 Uhr in der Schlange. Das Bremer Südbad ist das nächstgelegene Bad von seiner Wohnung aus, deswegen ist er hier.
Angebot und Nachfrage passen nicht zusammen
Den etwa 30 anderen Eltern im Foyer geht es ähnlich. Eine Situation, die nicht nur die Bremer kennen. "Insbesondere im Anfängerbereich der Schwimmausbildung, also von der Wassergewöhnung hin zum Seepferdchen, gibt es bundesweit vielerorts lange Wartelisten für Kurse", erklärt Martin Holzhause, Pressesprecher der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG). Oft betrage die Wartezeit deutlich mehr als ein Jahr.
Bis zur Kassenöffnung wird die Schlange im Südbad immer länger. In welchen Schwimmkursen es noch freie Plätze gibt, steht auf einem kleinen Aufsteller. Insgesamt sind es heute noch 55 Plätze für die Kurse in diesem Bad. Auch nachdem die Kasse um acht Uhr öffnet, kommen noch Eltern.
Clara Taylor gibt die Hoffnung auf einen Platz vorzeitig auf. Sie wollte einen Anfängerkurs für ihren fünfjährigen Sohn buchen. "Die Situation hier ist ein absoluter Albtraum", sagt Taylor. Seit einer Stunde stehe sie in der Schlange und obwohl die Kasse längst geöffnet sei, gehe es kaum voran. Im Schwimmkurs, den sie für ihr Kind buchen möchte, gebe es noch zwei Plätze. "Ich gehe jetzt wieder nach Hause, ohne Schwimmkurs, und hoffe, dass mein Kind durch uns dann irgendwie schwimmen lernt."
Eine Reaktion, die laut den Bremer Bädern überhastet ist: In Bremen sei das Angebot größer als die Nachfrage. "Wir haben im Jahr 2024 925 Schwimmkurse mit je zehn Plätzen angeboten und 26 davon mussten wir wegen zu wenigen Teilnehmern wieder absagen", sagt Susanne Klose, Sprecherin der Bremer Bäder.
Bei den abgesagten Kursen handle es sich auch um die so begehrten Anfängerkurse. "Das Problem ist, dass wir nicht immer den gewünschten Standort bedienen können", führt Klose fort. Es gibt eigentlich genug Plätze, nur nicht im richtigen Stadtteil.
Fehlende Wasserflächen und Personal
Für Benjamin Arslan ist es kein Problem, zu einem anderen Schwimmbad zu fahren, um seine Tochter zum Schwimmkurs zu bringen. Das könne in anderen Haushalten aber ganz anders aussehen. "Allein, dass man sich hier vor Ort anstellen muss, um einen Platz zu bekommen, ist für Berufstätige eine große Hürde", so Arslan. Eine Kursbuchung über das Internet planen die Bremer Bäder erst für das Jahr 2025.
Die zentrale Lage macht das Südbad in Bremen so beliebt - aber nicht nur für Schwimmkurse. "Wir können aufgrund von Ganztagschulen die Schwimmkurse nur nachmittags anbieten. Die Wasserflächen sind in dieser Zeit leider auch begrenzt", erklärt Bäder-Sprecherin Klose. Schließlich müssten auch Vereine und die Öffentlichkeit die Becken nutzen können.
Das bestätigt auch die DLRG: "In den Schwimmbädern konkurrieren öffentlicher Badebetrieb, Schulsport, Breiten- und Leistungssport und private Schwimmausbildung um Wasserflächen und -zeiten." Dazu komme, dass die Zahl der öffentlichen Bäder in den vergangenen zwanzig Jahren spürbar kleiner geworden sei. "In den Vereinen, die mehr Angebote machen könnten, fehlt dafür jedoch das Personal", erklärt Martin Holzhause.
Ein wichtiger Grund für die hohe Nachfrage an Schwimmkursen bundesweit sei auch, dass die Kinder das Schwimmen nicht mehr in der Grundschule lernten. "Mehr als die Hälfte der Schulkinder verlassen die Grundschule, ohne sichere Schwimmer zu sein. Bis dahin sollten jedoch alle Kinder wenigstens das Schwimmabzeichen Bronze erhalten haben", klagt Holzhause. Vielen Schulen fehle es an einem Schwimmbad in erreichbarer Nähe oder an qualifizierten Lehrkräften.
Umgang mit Wasser zuhause üben
Zwar empfiehlt die DLRG die Schwimmausbildung durch ausgebildetes Personal, bevor jedoch wieder ein Jahr oder mehr vergeht, bis das eigene Kind schwimmen kann, sollten Eltern den Selbstversuch wagen. "Der erste Umgang mit Wasser sollte generell zuhause erfolgen", erklärt Holzhause. Dazu könnten einfache Übungen aus der Schwimmausbildung wie unter Wasser blubbern oder das Gesicht ins Wasser legen zählen.
"Wichtig ist, dass das Kind die Übungen mit Spaß und Freude am Spielen und Plantschen macht." Für die weiteren Schritte könnten Eltern auf Lehrvideos zurückgreifen, wenn ihr Kind tatsächlich keinen Platz in einem Schwimmkurs bekommt.
Benjamin Arlsan hat einen Platz für seine Tochter ergattern können: "Es ist nicht der Kurs, den wir ursprünglich wollten, aber so ist das jetzt, wir müssen uns eben anpassen." Er ist dennoch froh. "Eine gewisse Flexibilität ist hilfreich", sagt die Pressesprecherin der Bremer Bäder.
Allerdings haben längst nicht alle diesen Luxus. "Wer keinen Platz bekommt und seinem Kind selbst das Schwimmen beibringen möchte, kann jederzeit in unseren Bädern auf das Personal zugehen und Fragen stellen", ergänzt sie. Das gelte hoffentlich auch bundesweit.