In eigener Sache Gemeinsam gegen Nachrichtenmüdigkeit
Die Initiative #UseTheNews will Nachrichten greifbarer und konstruktiver machen. Gemeinsam mit der tagesschau sollen sich so junge Menschen im Social Web noch mehr für Nachrichten begeistern und Desinformation entgegenwirken.
Staunend schauen sich die Jungjournalistinnen und Jungjournalisten um, als sie das Nachrichtenhaus der tagesschau betreten. Große Tischreihen, die wie zufällig im Raum stehen, ein Kreis in der Mitte, über dem runde Bildschirme an einem Stahlgerüst hängen. CNN, BBC, diverse deutsche Nachrichtensender und die neuesten Abrufzahlen laufen dort 24 Stunden lang - genauso lang, wie die Nachrichtenredaktion besetzt ist.
Redakteurinnen und Redakteure rufen sich geschäftig Informationen für die nächste Sendung zu. Ist das Stück aus Kiew schon da? Hat sich Washington schon wegen der Vorwahl gemeldet? Steht die Leitung nach Berlin für die nächste Schalte? Beeindruckend, wenn man dieses Treiben nicht gewohnt ist.
Daphne Sagner ist mit sieben weiteren Kolleginnen und Kollegen bei der tagesschau zu Gast. Im Rahmen des Projekts #UseTheNews produzieren sie zusammen mit den erfahrenen Social-Media-Redakteurinnen und -Redakteuren der tagesschau Inhalte für die jüngsten Zielgruppen der 14- bis 24-Jährigen.
Damit hat die tagesschau Erfahrung - im vergangenen Jahr bekam der TikTok-Kanal der Nachrichtenmarke den "Digital Media Award" der Deutschen Bundesgesellschaft für Digitale Medien.
Keine Angst vor schwierigen Themen
Die jungen Kolleginnen und Kollegen geben in der Redaktionskonferenz Feedback zu den Social-Media-Kanälen der tagesschau. Eine gute Mischung sei es am Vortag gewesen, doch viele Themen seien negativ. Sie wünschten sich einen positiveren Angang, mehr Ausblick auf Lösungsansätze.
Wie das gehen kann, will das junge Team von #UseTheNews bald selbst beweisen. "Ich glaube, das Problem ist, dass viele Nachrichten die junge Generation einfach nicht ansprechen, weil sie so negativ sind oder weil die nicht wissen: Was ist eigentlich mein Bezug zu dieser Nachricht?", sagt Sagner. Dem will das Team entgegenwirken - mit Erklärstücken, Nachrichten und positiven Ansätzen, um junge Menschen wieder stärker für Nachrichten zu begeistern.
In dem vom Projektteam ausgerufenen "Jahr der Nachricht" sollen junge Talente den Profis zeigen, wie man junge Menschen zwischen 14 und 24 Jahren abholt - auf den Kanälen, die sie schon nutzen: TikTok und Instagram.
Die Initiative #UseTheNews geht der Nachrichtennutzung und -kompetenz junger Menschen auf den Grund und entwickelt neue Informations- und Bildungsangebote. Für das Format produziert ein Team aus jungen Medienschaffenden und Content Creators von Montag bis Freitag nachrichtliche Inhalte für Social Media, die 14- bis 24-Jährige in ihrer Lebenswirklichkeit nachhaltig erreichen.
Unterstützt und begleitet wird "Social News Daily" (SND) durch das breite Partnernetzwerk von #UseTheNews, beispielsweise von der tagesschau. Nachwuchskräfte aus Redaktionen, Universtäten und anderen Ausbildungsstätten arbeiten gemeinsam mit dem SND-Team an den Inhalten der jeweiligen Themenwochen.
"Wir wollen das 'Jahr der Nachricht' nutzen, um noch mehr junge Communities im Social Web mit vertrauenswürdigen, seriösen Informationen zu erreichen", sagt Isabella David-Zagratzki, Leiterin der tagesschau-Social-Media-Redaktion.
"Wenn TikTok zu WarTok wird, gezielte Desinformationskampagnen auf X eingesetzt werden und KI-Fakes die Runde auf Instagram und TikTok machen, dann zeigt sich, wie wichtig Nachrichtenkompetenz ist", ergänzt ihr Kollege Patrick Weinhold, ebenfalls Redaktionsleiter.
Die erste Redaktionswoche soll sich thematisch mit dem Krieg gegen die Ukraine befassen. Der Angriff der russischen Armee jährt sich am 24. Februar zum zweiten Mal. Inhaltlich haben die tagesschau-Redakteurinnen Melina Gramsch und Lisa Posorske das Projekt innerhalb der Social-Media-Redaktion auf die Beine gestellt.
Ein Team junger Nachwuchsjournalistinnen und -journalisten vom "Social News Desk" bei der tagesschau.
Mit dem Smartphone ins Studio
Los geht es für Daphne Sagner im Studio der tagesschau, wo sonst Susanne Daubner die 20-Uhr-Nachrichten verliest oder Jessy Wellmer die tagesthemen moderiert. Hier darf sie in einer Schalte, also einem Livegespräch mit einem Korrespondenten vor Ort, mit Vassili Golod sprechen, dem Leiter des ARD-Studios in Kiew.
Eine Kollegin erklärt ihr das Studio und wo sie stehen muss, zeigt ihr, in welche Kamera sie moderiert. Ein wenig nervös ist Sagner, die Kolleginnen und Kollegen in der Regie merken das. Sie lässt zwischen den Fragen zu wenig Platz für den Wechsel des Bildes, den Umschnitt.
"Wird etwas eng, aber das kriegen wir schon hin", sagt einer der Cutter, die für den Schnitt zuständig sind. "Gibt mir jemand ein Go?", fragt Sagner in Richtung Regie. Es gibt eine kurze Bestätigung über den kleinen Kopfhörer im Ohr und dann zeigt sie einen Daumen hoch. Es kann losgehen.
Statt der üblichen Papierkarten hat sie ihr Smartphone in der Hand, um die Fragen abzulesen: Wie sieht Vassili Golods Job als Korrespondent der tagesschau in Kiew aus? Er berichtet von vielen Nächten mit Luftalarm, von täglichen Angriffen auf Zivilisten, von Toten an der Frontlinie und wie das für die deutschen Nachrichten redaktionell aufgegriffen werden kann.
Wie das Leben beeinflusst wird: Supermärkte werden verlassen, im Kino stoppen die Filme, wenn Luftalarm ist. Auf die Frage, ob er eine Work-Life-Balance hat, antwortet er: "Das Leben der Korrespondentinnen und Korrespondenten in der Ukraine ist vor allem von Work geprägt." Der Krieg präge die Ukraine und es sei die Aufgabe, zu berichten, was ist. "Das ist sehr viel." Es gelinge ihm nicht oft abzuschalten. Sein Hobby Fechten helfe da sehr, sei aber aus zeitlichen Gründen nur eingeschränkt möglich.
Großes Projekt startet
Der Besuch bei der tagesschau ist der Startschuss für das ambitionierte Projekt. "Mit 'Social News Daily' wollen wir gemeinsam mit unseren #UseTheNews-Partnern Journalismus als Handwerk sichtbar machen. Unser Ziel ist es, jungen Menschen auf interessante und spielerische Art zu vermitteln, was hinter Nachrichtenjournalismus steckt und warum er für unsere Gesellschaft und Demokratie wichtig ist", sagt Vanessa Bitter, Projektleiterin für das "Jahr der Nachricht" von #UseTheNews.
Weitere Projekte mit anderen Medienpartnern werden folgen. Schon jetzt werden auf Instagram, TikTok und YouTube werktäglich Beiträge veröffentlicht.