Glaubwürdigkeit der Medien In Krisenzeiten besonders gefragt
Eine Mehrheit der Deutschen bewertet die Berichterstattung der Medien in Deutschland einer WDR-Studie zufolge als glaubwürdig. Besonders in Krisen sind öffentlich-rechtliche Angebote und Tageszeitungen wichtige Informationsquellen.
Vier von fünf Deutschen bewerten das Informationsangebot der Medien im Land als gut oder sehr gut. Das ist das Ergebnis einer repräsentativen Studie, die Infratest dimap zum sechsten Mal seit 2015 im Auftrag des WDR durchgeführt hat. Wie schon in den Jahren zuvor werden die Programme und Angebote der öffentlich-rechtlichen Sender für besonders glaubwürdig gehalten. Ähnlich gut schneiden Tageszeitungen ab.
Öffentlich-rechtlichen Radiosendern wird mit 66 Prozent die höchste Glaubwürdigkeit zugeschrieben. Die Informationen in öffentlich-rechtlichen Fernsehsendern und in Tageszeitungen halten jeweils 65 Prozent für glaubwürdig. Bei öffentlich-rechtlichen Online-Angeboten sind es 52 Prozent.
Auf den Plätzen dahinter folgen private Radiosender (45 Prozent), Online-Angebote von Zeitungen und Zeitschriften (44 Prozent), private Fernsehsender (36 Prozent) und Online-Angebote privater Sender (26 Prozent). Am Ende der Glaubwürdigkeitsskala liegen die sozialen Medien.
Im Vergleich zur letzten Erhebung dieser Frage im Herbst 2022 können alle Medien zulegen - am stärksten die Online-Angebote von Zeitungen und Zeitschriften sowie von privaten und öffentlich-rechtlichen Sendern (um jeweils 11 Prozentpunkte).
Vertrauen insgesamt gesunken
Gemessen an der letzten ausführlichen Studie im Herbst 2020 fällt auf, dass kaum einer Institution heute noch genauso viel Vertrauen entgegengebracht wird wie während der Corona-Pandemie. Besonders deutlich büßen seitdem Bundesregierung, Bundestag und Bundesverfassungsgericht an Vertrauen ein. Selbst die Werte für Polizei, Stiftung Warentest und Verbraucherzentrale gehen auf hohem Niveau zurück.
Auch der öffentlich-rechtliche Rundfunk verliert an Vertrauen - liegt aber weiterhin vor anderen Medien wie Tageszeitungen und privaten Rundfunksendern. "53 Prozent sagen, sie vertrauen uns - das ist mehr als für Parteien, Regierungen, Parlamente", ordnet WDR-Programmdirektor Jörg Schönenborn die Ergebnisse ein. "Aber das Vertrauen war mal höher. Und man sieht daran auch, dass die große Krise rund um den RBB, die Skandale, die es in der ARD gab, Spuren hinterlassen haben. Wenn wir als Institution glaubwürdig sein wollen, dürfen wir uns so etwas nicht leisten."
Öffentlich-Rechtliche bei Krisenberichterstattung vorn
Für knapp zwei Drittel der Befragten (64 Prozent) ist der öffentlich-rechtliche Rundfunk dennoch unverzichtbar. Besonders gut schneidet er ab, wenn es um die Berichterstattung über aktuelle Krisen wie die Kriege in der Ukraine oder im Nahen Osten geht.
Zwei Drittel der Befragten (66 Prozent) bewerten die Krisenberichterstattung im öffentlich-rechtlichen Fernsehen als gut oder sehr gut, 60 Prozent die im öffentlich-rechtlichen Radio. Damit bleiben die öffentlich-rechtlichen Medien zusammen mit den Tageszeitungen (56 Prozent) das Medienangebot, über das sich die Menschen in Deutschland in Krisen oder besonderen Lagen informieren.
Dazu passt, dass knapp die Hälfte der Deutschen den öffentlich-rechtlichen Rundfunk als Hauptinformationsquelle zum politischen Geschehen nutzt (43 Prozent). Platz eins belegt hier mit deutlichem Abstand das öffentlich-rechtliche Fernsehen (30 Prozent), gefolgt von Tageszeitungen (14 Prozent) und öffentlich-rechtlichem Radio (8 Prozent).
"Wenn es kritisch wird - das war am Anfang der Pandemie so, das ist in Kriegsphasen so - dann sind die Öffentlich-Rechtlichen noch stärker wichtigste Informationsquelle, dann erkennen die Menschen an, was wir leisten", sagt WDR-Programmdirektor Schönenborn.
"Aber es wird auch deutlich - und das ist die andere Seite der Medaille: Mit der großen Kritik an öffentlichen und staatlichen Institutionen, ist auch immer sofort der Blick auf die Medien und auf uns verbunden. Wenn die Gesellschaft insgesamt polarisierter, aufgewühlter ist, dann sind auch wir stärker unter Druck", so Schönenborn.
Wieder mehr politischer Einfluss vermutet
Dass es politische Vorgaben für die Berichterstattung der Medien gibt, glauben heute wieder mehr Menschen als noch vor drei Jahren. Der Studie zufolge vermuten 42 Prozent der Deutschen politische Vorgaben (plus 7 Prozentpunkte gegenüber 2020), 50 Prozent glauben das nicht (minus 3).
Damit liegt die Skepsis der Befragten auf dem Niveau zu Beginn der Studienreihe. Auch in den Jahren 2015 und 2016 waren 42 Prozent der Befragten von politischen Vorgaben ausgegangen. Ost- und Westdeutsche sind sich in dieser Frage nicht einig: Während im Westen Deutschlands 41 Prozent der Befragten vermuten, dass es Vorgaben von Staat und Regierung gibt, ist es im Osten eine relative Mehrheit von 50 Prozent.