Eine Akte mit der Aufschrift «Hanau-Untersuchungsausschuss» liegt auf einem Tisch im Plenum des Landtags.
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Gerichtsentscheidung zu Hanau-Attentat Ausschuss hat Anspruch auf ungeschwärzte Akten

Stand: 06.02.2023 16:24 Uhr

Die Bundesanwaltschaft muss die Akten zum Attentat von Hanau ungeschwärzt an den U-Ausschuss herausgeben - der Ausschuss hatte geklagt. Er erhofft sich Erkenntnisse vor allem aus Obduktionsberichten.

Von Max Bauer, ARD-Rechtsredaktion

Vor fast drei Jahren, am 19. Februar 2020, ermordete ein Rechtsterrorist in Hanau neun Menschen, tötete danach seine Mutter und sich selbst. Ein Untersuchungsausschuss des hessischen Landtags soll Behördenversagen im Zusammenhang mit der Tat aufklären. Dazu verlangte er Akten von der Bundesanwaltschaft. Diese hatte das inzwischen eingestellte Ermittlungsverfahren gegen den Vater des Täters von Hanau und mögliche unbekannte Mittäter geführt.

Die Bundesanwaltschaft gab die 80 Aktenordner mit den Obduktionsberichten aber nur geschwärzt heraus. Die Akteninhalte berührten den Kernbereich der Persönlichkeitsrechte der Anschlagsopfer. Auch die Angehörigen müssten davor geschützt werden, dass Inhalte aus den Obduktionsberichten öffentlich werden, begründete die Bundesanwaltschaft ihr Vorgehen.

Gegen diese Schwärzungen hat der Untersuchungsausschuss Anfang Dezember 2022 geklagt. Die Schwärzungen beschränkten den Ausschuss in der Erfüllung des Untersuchungsauftrags, so der Vorsitzende Marius Weiß von der SPD. Besonders Obduktionsberichte seien wichtig. Sie würden möglicherweise Einsicht in die genauen Todesursachen und Todeszeitpunkte, in Handlungs- und Fluchtoptionen der Opfer und damit in den konkreten Geschehensablauf geben.

Ausschuss erhofft sich Hinweise auf konkreten Ablauf

Das Bundesverwaltungsgericht gab dem Untersuchungsausschuss nun recht. Die Bundesanwaltschaft muss die ungeschwärzten Akten im Wege der Amtshilfe herausgeben, so die Bundesverwaltungsrichter. Persönlichkeitsrechte der Opfer würde dadurch nicht verletzt, weil auch der Untersuchungsausschuss persönliche Daten der Opfer vorsichtig behandeln müsse. Lediglich Gesundheitsdaten zum Vater des Täters dürften geschwärzt bleiben.

Weiß begrüßte die Entscheidung: "Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts ist nicht nur eine Stärkung der Rechte von parlamentarischen Untersuchungsausschüssen. Sie trägt zudem auch zur Transparenz in diesem Verfahren bei. Die Angehörigen der Opfer dieser schrecklichen Tat dürfen nicht das Gefühl haben, dass dem Untersuchungsausschuss für seine Arbeit von beteiligten Behörden irgendwelche Informationen vorenthalten werden. Auch dafür ist die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts ein wichtiges Signal", so Weiß.

Der Beschluss ist noch nicht veröffentlicht, liegt der ARD-Rechtsredaktion aber vor. Rechtlich ist es eine Klage des hessischen Landtags gegen den Bund, weil der für den Generalbundesanwalt verantwortlich ist.

Schon im Juni des vergangenen Jahres hatte es Unstimmigkeiten zwischen dem Hanau-Untersuchungsausschuss und dem Generalbundesanwalt gegeben. Damals wurden in einer Ausstellung im Frankfurter Kunstverein Filmbilder eines Polizeihubschraubers präsentiert. Dieser war in der Tatnacht über Hanau im Einsatz.

Die Bilder der Nachtbildkamera hatte das Londoner Recherche-Kollektiv "Forensic Architecture" ausgewertet. So war öffentlich geworden, dass das Haus der Eltern, in das sich der Täter nach der Tat geflüchtet hatte, ungefähr eine Stunde lang nicht von der Polizei überwacht wurde. Die Beweisbilder dafür hatte die Bundesanwaltschaft dem hessischen Untersuchungsausschuss erst weitergegeben, nachdem sie in der Ausstellung schon öffentlich waren.

Aktenzeichen 6 VR 2.22

Max Bauer, Max Bauer, SWR, 06.02.2023 14:57 Uhr

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Inforadio am 06. Februar 2023 um 15:51 Uhr.