Erster Tag der Haushaltsdebatte Mit Ordnungsrufen aus der Sommerpause
Eine Stunde lag verteidigte Finanzminister Lindner seine Finanzpläne im Bundestag und kassierte viel Kritik von der Opposition. Von Bundestagspräsidentin Bas kam eine Ermahnung und der Kanzler musste Spott ertragen.
Neun Wochen Sommerpause also der erste Sitzungstag. Finanzminister Christian Lindner (FDP) nutzte die Gunst der Stunde für den erwarteten Witz: "Ich freue mich, Sie alle zu sehen. Vertraute Gesichter, auch ein ungewöhnliches Gesicht hier im Plenarsaal." Das "ungewöhnliche Gesicht" grinste: Der Kanzler mit Augenklappe. Ein Joggingunfall mit Folgen.
"Das Sehfeld des Bundeskanzlers ist zeitweilig nach rechts begrenzt", so Lindner. Da - Rechtsaußen - sitzt die AfD und hörte von Lindner dann das: "Vielleicht findet er demokratischen Trost in den nächsten Tagen darin."
Mehr Ordnungsrufe als in vielen Jahren zuvor
Die Kolleginnen und Kollegen lachten und klatschten, die AfD nicht, und Bundestagspräsidentin Bärbel Bas war es, die zuvor nach Ende der Sommerpause und zu Beginn der zweiten Hälfte der Legislatur dem Hohen Hause mitteilte, dass es bereits jetzt mehr Ordnungsrufe gegeben habe als in vielen Jahren zuvor.
Ihre Botschaft: Die Menschen im Land wollten Vorbilder und keine "Vorbrüller" im Bundestag: "Wer die Rede als Reihung von Provokation, Pauschalitäten und Plattitüden einsetzt, wer beschimpft und beleidigt, redet außerhalb dieses argumentativen Diskurses."
Eine Stunde nur für Lindner
Dann ging es los mit dem Diskurs. Die Union, die Linke, die AfD beklagten, dass das sogenannte Heizungsgesetz am Freitag verabschiedet werden soll. Die Union wolle mehr Zeit, forderte Thorsten Frei, Unionsfraktionsgeschäftsführer: "Und Sie verfahren weiter nach dem Motto: Friss, Vogel, oder stirb."
Johannes Vogel (FDP) sagte, dass die Opposition doch alle Zeit der Welt gehabt hätte, Änderungen vorzuschlagen, denn neun Wochen Sommerpause seien ja kein Urlaub, sondern sitzungsfreie Zeit.
Es bleibt also dabei: Am Freitag das Heizungsgesetz, heute die Haushaltseinbringung. Das war Lindners Stunde, ganz wörtlich. So lange nämlich lobte der Finanzminister seinen Haushalt, ein bisschen auch sich und verspottete die Opposition: "Sie fordern einen Krisengipfel für die wirtschaftliche Entwicklung. Wo Sie noch reden wollen, da handelt diese Regierung bereits."
Nichts geht mehr ohne Gegenfinanzierung
Die einen lachen. Mathias Middelberg (CDU), sagte später, geklatscht habe da aber nur die FDP. Nicht die Sozialdemokraten, nicht die Grünen: "Man hat fast den Eindruck: Christian allein zu Haus. Das sage ich ganz offen."
"Christian Allein zu Haus" war da mit dem Regierungsdampfer schon beim Eisberg angekommen, den nur noch niemand sehe, sagt er. Die hohen Zinsen, die Schulden nämlich: "Hinter der Horizontlinie, für uns noch nicht sichtbar, da kommt ein Eisberg. Um nicht zu sagen, ein Eisbergfeld." Kapitän Lindner will da umsteuern, will sparen. Nichts gehe mehr ohne Gegenfinanzierung, sagt der Kassenwart der Nation.
Nach der Sommerpause ist vor den hitzigen Debatten
Gesine Lötzsch von der Linkspartei kritisierte genau das: Sparen an der falsche Stelle: "Diesen Haushaltsentwurf kann ich in einem Satz zusammenfassen: Diese Bundesregierung hat ein Herz für Panzer, aber nicht für Kinder und das ist das falsche Signal."
Was war noch heute: Die Haushaltseinzelpläne Wohnen, später Entwicklung, Umwelt und Familie. Da war doch was: "Jedes fünfte Kind in Deutschland ist armutsgefährdet. Und für jedes einzelne dieser Kinder habe ich in den Verhandlungen der Kindergrundsicherung gekämpft", so die Familienministerin Lisa Paus (Grüne).
Die Kindergrundsicherung stand heute gar nicht zur Abstimmung, aber zeigte nur: nach der Sommerpause ist vor hitzigen Debatten. Der Herbst wird spannend bleiben.