Vorstoß der Koalitionsspitzen Auch Heil kritisiert Steuerrabatt für Fachkräfte
Die Pläne der Bundesregierung, ausländische Fachkräfte mit einem Steuerrabatt nach Deutschland zu locken, stoßen weiter auf Kritik. Jetzt nimmt auch Bundesarbeitsminister Heil Abstand von der Idee.
Die Kritik an den Plänen zu Steuererleichterungen für ausländische Fachkräfte kommt jetzt auch aus der Regierung selbst. Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) sagte dem Deutschlandfunk, er sei mit dem Vorhaben der Koalitionsspitzen ""nicht furchtbar glücklich". "Das müssen wir uns nochmal genauer anschauen", sagte er zu der Idee, die Teil eines Wachstumspaket für die Wirtschaft werden soll.
Zuvor hatten bereits zahlreiche Oppositionspolitiker den Steuerrabatt kritisiert. Die wirtschaftspolitische Sprecherin der Union, Julia Klöckner, nannte ihn beispielsweise "Inländer-Diskriminierung". Der Abschlag soll Deutschland für dringend benötigte Fachkräfte attraktiver machen. Die Pläne sehen vor, dass für neu zugewanderte Spezialisten in den ersten drei Jahren 30, 20 und zehn Prozent des Bruttolohns steuerfrei sind. Dafür sollen Lohnunter- und -obergrenzen festgelegt werden. Weitere Details sind noch nicht bekannt.
SPD-Landespolitiker warnt vor Gerechtigkeitsdebatte
Heil schob die Urheberschaft der Ideen den Koalitionspartnern Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) sowie Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) zu. Heil sagte: "Die Arbeit in diesem Land muss gleich viel wert sein." Auch andere Arbeits- und Sozialpolitiker von SPD und Grünen schlossen sich der Kritik an. Grünen-Arbeitsmarktpolitikerin Beate Müller-Gemmeke sagte dem Tagesspiegel: "Es gibt aus gutem Grund einen Gleichbehandlungsgrundsatz in unserem Arbeitsrecht."
Thüringens Innenminister und Vize-Ministerpräsident Georg Maier (SPD) sagte dem Tagesspiegel, er sei "sehr skeptisch" angesichts der Pläne, ausländische Fachkräfte steuerlich besser zu stellen. "Das könnte gerade im Osten zu neuen Gerechtigkeitsdebatten führen", warnte Maier. Sachsens SPD-Sozialministerin Petra Köpping sagte der Zeitung: "Ich halte von einer steuerlichen Besserstellung ausländischer Fachkräfte gar nichts." In Sachsen und Thüringen sind am 1. September Landtagswahlen.
FDP reagiert scharf auf Heil-Kritik
Die FDP wies Heils Einwände in scharfem Ton zurück. "Die Äußerungen von Hubertus Heil bringen den Wirtschaftsstandort Deutschland kein Stück voran", sagte der Haushaltsexperte der FDP-Bundestagsfraktion, Christoph Meyer. Steuerliche Anreize für Hochqualifizierte seien mittlerweile "in der halben EU ein Baustein zur Lösung des Arbeitskräftemangels". Ähnlich hatte zuvor schon Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) argumentiert.
"Hubertus Heil sollte sich besser bemühen, dass der Jobturbo zündet - er muss endlich Arbeitsminister sein statt nur Sozialminister", kritisierte Meyer den SPD-Minister. Der müsse "aufhören, mit seinen Debattenbeiträgen einzelne Maßnahmen des Wirtschaftspakets schlecht zu reden".
Wirtschaftsweise hält Steuerrabatt für ungenügend
Heil sieht in dem Steuerrabatt kein geeignetes Mittel, um dem Fachkräftemangel zu begegnen. Eine Steuererleichterung sei nicht der entscheidende Punkt für die Entscheidung nach Deutschland zu kommen, sagte er den Sendern RTL und ntv. "Wir müssen bürokratische Hürden abreißen, Visaerteilungen beschleunigen oder Berufsanerkennungen verbessern", stellte er entgegen.
Die Chefin der Wirtschaftsweisen, Monika Schnitzer, hält das Vorhaben zwar nicht für verkehrt, jedoch reiche ein Steuerrabatt nicht aus. "Um im internationalen Wettbewerb um ausländische Fachkräfte attraktiv zu sein, können steuerliche Anreize deshalb helfen", sagte Schnitzer der Rheinischen Post. "Die besten Anreize helfen aber nichts, wenn die bürokratischen Hürden zur Arbeitsaufnahme in Deutschland nicht schnell reduziert werden."
Wagenknecht sieht Einheimische benachteiligt
CSU-Generalsekretär Martin Huber und BSW-Chefin Sahra Wagenknecht stellten die Gerechtigkeitsfrage. "Die Ampel spaltet und brüskiert die hart arbeitende Bevölkerung", sagte Huber der Bild. "Es braucht Steuersenkungen für alle in Deutschland." Wagenknecht sagte, die Pläne seien "ein Schlag ins Gesicht für den Normalbürger, der hier schon immer brav seine Steuern und Abgaben zahlt". "Der Dank der Bundesregierung ist, dass Arbeitnehmer, die von außerhalb kommen, jetzt auch noch besser gestellt werden als die einheimischen." Auch sie forderte eine Steuer- und Abgabenreform, die Normalverdiener entlaste.