Umstrittenes Heizungsgesetz Scholz rechnet mit Einigung vor Sommerpause
Nicht nur Wirtschaftsminister Habeck, auch Kanzler Scholz gibt sich weiterhin zuversichtlich: Er rechne mit einer baldigen Lösung im Streit um das geplante Heizungsgesetz. Es werde noch vor der Sommerpause in den Bundestag kommen.
Bundeskanzler Olaf Scholz ist weiterhin zuversichtlich, dass das umstrittene Heizungsgesetz nächste Woche in den Bundestag eingebracht werden könne. Das sagte Regierungssprecher Steffen Hebestreit in Berlin. Auf die Nachfrage, ob dies bedeute, dass der Gesetzentwurf dann auch in den Bundestag komme, antwortete er mit "ja". Scholz werde regelmäßig über die Verhandlungen der Ampel-Bundestagsfraktionen informiert, die nun am Zuge seien.
Gestern hatte auch Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck bekräftigt, dass er weiter mit einer Bundestagsentscheidung über das Heizungsgesetz noch vor der Sommerpause rechne. "Ich glaube, dass die letzten zwei Wochen viel verändert haben", sagte der Grünen-Politiker am Rande der Inbetriebnahme einer der größten Wind-zu-Wärme-Anlagen im schleswig-holsteinischen Wedel.
Der nächste Schritt sei die erste Lesung des Gesetzes im Bundestag. "Es gibt aus meiner Sicht keinen Grund, es nicht zu tun, weil durch die vielen Gespräche und öffentlichen Ankündigungen die Korridore für Einigungen klar definiert sind." Er wäre daher sehr erstaunt, "wenn man jetzt durchhalten würde, es nicht aufzusetzen", so Habeck.
Grüne wollen Beschluss noch vor Sommerpause
Bislang hat die FDP verhindert, dass der vom Kabinett beschlossene Gesetzentwurf in den Bundestag eingebracht werden kann. Vor allem die Grünen pochen darauf, ihn noch vor der Sommerpause im Parlament zu beschließen. Die letzte Sitzungswoche im Bundestag endet am 7. Juli.
Der Gesetzentwurf sieht vor, dass neue und ausgetauschte Heizungen ab 2024 mit mindestens 65 Prozent erneuerbarer Energie betrieben werden müssen. Es soll allerdings eine Vielzahl von Ausnahmen geben. Die Koalition hatte beschlossen, dass das Gesetz zum 1. Januar 2024 in Kraft treten soll, möglicherweise mit erweiterten Übergangsfristen. Kritiker befürchten, dass viele Bürger finanziell überfordert werden und es eine zu starke Fokussierung auf Wärmepumpen gibt.
Bericht: SPD schlägt Kompromiss vor
Wie der "Spiegel" berichtet, soll die SPD inzwischen einen Kompromissvorschlag in die Verhandlungen eingebracht haben. Demnach könnte die geplante Pflicht, klimafreundliche Heizungen einzubauen, teilweise entfallen - nur in Neubauten wäre die Installation etwa von Wärmepumpen oder Hybridanlagen verpflichtend. In Bestandsgebäuden hingegen bräuchten Öl- und Gasheizungen, die kaputtgegangen sind, nur freiwillig gegen Systeme ausgetauscht werden, die zu mindestens 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden.
Bis 2030 würde sich der Staat an der Finanzierung solch klimaschonender Geräte beteiligen. Die Förderung soll sozial gestaffelt und ausgeweitet werden, sodass der Eigenanteil an der Finanzierung auf eine zumutbare Höhe begrenzt bliebe.
Gutachten: Gesetz teilweise verfassungswidrig
Unterdessen wurden verfassungsrechtliche Zweifel am geplanten Heizungsgesetz laut. Nach Einschätzung des Passauer Jura-Professors Meinhard Schröder ist es teilweise verfassungswidrig. In mehreren Punkten verstoße das Gesetz gegen den Gleichheitsgrundsatz in Artikel 3 des Grundgesetzes, sagte der bayerische Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler), der das Rechtsgutachten in Auftrag gegeben hatte.
Bestes Beispiel sei die Altersgrenze von 80 Jahren für die Befreiung von der Pflicht zum Heizungstausch, erklärte Aiwanger. Eigentümer unter 80 Jahren würden völlig willkürlich anders behandelt als ältere. Zudem nehme der Gesetzentwurf keine Rücksicht auf die wirtschaftlichen und gesundheitlichen Voraussetzungen. "79-Jährige mit schmaler Rente müssen im Extremfall ihr Häuschen verkaufen. Wohlhabende 80-Jährige dürfen hingegen weiterhin mit Öl und Gas heizen." Wenn allerdings die Miteigentümer einer Immobilie jünger sind, "dann schlägt der Heizungstausch wieder voll zu. Das versteht kein Mensch", sagte Aiwanger.
Auch die Ungleichbehandlung von Eigentümern und Mietern verstoße laut Rechtsgutachten gegen den Gleichheitsgrundsatz. Hochbetagte Mieter würden nicht berücksichtigt, obwohl auch ihnen ein Heizungstausch nicht zumutbar sei, wenn die Wohnung vorübergehend unbewohnbar werde. Das Heizungsgesetz erfülle die formalen Mindestanforderungen nicht, sei in der Praxis nicht umsetzbar "und gehört in die Tonne", so der bayerische Wirtschaftsminister.