Gewalt gegen Einsatzkräfte Wie Angriffe mit Böllern bestraft werden
Die Angriffe auf Einsatzkräfte in der Silvesternacht machen fassungslos. Der Ruf nach schärferen Gesetzen wird laut. Wie sind die Taten bereits jetzt strafbar? Und wie realistisch ist ein Böllerverbot? Ein Überblick.
Wer andere Menschen vorsätzlich körperlich misshandelt oder an der Gesundheit schädigt, begeht laut § 223 Strafgesetzbuch (StGB) eine Körperverletzung. Wenn also Böller und Raketen gezielt auf Menschen geworfen oder abgefeuert werden, und diese dabei zum Beispiel Verbrennungen oder einen Hörsturz erleiden, so ist dies natürlich strafbar. Und auch der Versuch dieser Körperverletzung ist strafbar.
Feuerwerkskörper sind "gefährliche Werkzeuge"
Werden bei der Tat Böller und Raketen eingesetzt, bleibt es nicht bei der "einfachen Körperverletzung". Denn: Wer die Körperverletzung "mittels einer Waffe oder eines anderen gefährlichen Werkzeugs" begeht, muss sich wegen "gefährlicher Körperverletzung" (§ 224 StGB) verantworten. Feuerwerkskörper sind zwar keine klassischen Waffen, weil sie nicht dazu bestimmt sind, Verletzungen von Menschen zu verursachen. "Andere gefährliche Werkzeuge" sind den Waffen laut Gesetz aber bei der Körperverletzung gleichgestellt. Dazu zählen Böller und Co. auf jeden Fall, weil sie im konkreten Fall geeignet sind, erhebliche Körperverletzungen zu verursachen.
Für die gefährliche Körperverletzung sieht das Gesetz härtere Strafen vor, als für die einfache Körperverletzung. Eine Geldstrafe ist nicht mehr möglich. Das Gesetz sieht mindestens sechs Monate und höchstens zehn Jahre Freiheitsstrafe vor. Wie hoch die Strafe am Ende im Einzelfall ist, hängt von vielen Faktoren, unter anderem den Vorstrafen oder dem Verhalten nach der Tat ab. Welche Strafe schuldangemessen ist, entscheidet am Ende des Strafverfahrens das Gericht.
Widerstand gegen Einsatzkräfte
Während eine Körperverletzung gegen Jedermann begangen werden kann, kennt das Gesetz darüber hinaus Spezialvorschriften für bestimmte Straftaten gegen Einsatzkräfte. Wer zum Beispiel Polizisten bei der Vornahme von Diensthandlungen mit Gewalt oder durch Drohung mit Gewalt Widerstand leistet, macht sich wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte (§ 113 StGB) strafbar. Dafür ist es nicht erforderlich, dass wirklich jemand verletzt wird, es reicht die Gewalt oder die Drohung damit.
Wenn der Täter ein gefährliches Werkzeug bei sich führt, erlaubt das Gesetz keine Geldstrafe mehr. Der Strafrahmen bewegt sich dann zwischen sechs Monaten und fünf Jahren Freiheitsstrafe. Für die Strafschärfung reicht also schon, dass der Täter die Böller bei der Tat in der Tasche hat. Bei einem so genannten tätlichen Angriff, also einer unmittelbar auf den Körper zielenden gewaltsamen Einwirkung, erhöht sich der Strafrahmen ebenfalls. Auch dann ist eine Geldstrafe nicht mehr möglich.
Erweiterung auf Feuerwehr und Rettungsdienst
2011 wurde der Kreis der besonders zu schützenden Personen ausgeweitet. Seitdem macht sich genauso strafbar, wer bei Unglücksfällen, gemeiner Gefahr oder Not Hilfeleistende der Feuerwehr, des Katastrophenschutzes oder eines Rettungsdienstes durch Gewalt oder durch Drohung mit Gewalt behindert, oder wer sie in diesen Situationen tätlich angreift. Wenn Einsatzfahrzeuge oder andere Ausrüstungsgegenstände beschädigt werden, liegt zudem eine Sachbeschädigung vor.
Böllerverbot greift in Grundrechte ein
Diskutiert wird nach der Silvesternacht auch, das Abfeuern von Silvesterfeuerwerk durch Privatpersonen komplett zu verbieten. Ein solches Verbot würde zumindest in das Grundrecht der Menschen auf freie Entfaltung der Persönlichkeit eingreifen.
Mit einer guten Begründung könnte sich der Gesetzgeber aber wohl dafür entscheiden. Das Feuerwerksverbot gilt ja auch jetzt schon für die übrige Zeit im Jahr, und in den vergangenen zwei Jahren galt es coronabedingt auch an Silvester. Ob ein solches Verbot für alle sinnvoll ist, weil einige die Feuerwerkskörper für Straftaten missbrauchen, ist eine andere Frage, die zunächst die Politik beantworten muss.
Dashcams zur Aufklärung von Straftaten?
Die Deutsche Feuerwehr-Gewerkschaft in Berlin fordert auch den Einsatz von Dashcams, also kleinen Kameras hinter der Windschutzscheibe von Einsatzfahrzeugen der Feuerwehr, um Straftaten aufzuklären. Rechtlich wäre das nach der derzeitigen Gesetzeslage in Berlin durchaus möglich. Nach dem Allgemeinen Sicherheits- und Ordnungsgesetz dürfen Polizeibeamte und auch Feuerwehrleute im öffentlichen Raum Kameras am Körper oder in Fahrzeugen nutzen, und zwar sowohl bei Maßnahmen zur Abwehr von Gefahren als auch zur Verfolgung von Straftaten.
Allerdings dürfen diese Kameras nicht den kompletten Einsatz automatisch aufnehmen, sondern nur eingeschaltet werden, wenn dies zum Schutz gegen eine Gefahr von Leib und Leben erforderlich ist. Außerdem müssen die Aufnahmen nach einem Monat unverzüglich gelöscht werden, wenn sie nicht mehr benötigt werden, etwa zur Strafverfolgung oder zur Überprüfung der Rechtmäßigkeit polizeilicher Maßnahmen.