Nach Anschlag in Magdeburg Trauer, Aufarbeitung und Demos
Hätte der Anschlag in Magdeburg verhindert werden können? Darum geht es heute im Landtag von Sachsen-Anhalt - und auch bald im Bundestag. Klar ist aber auch, dass absoluter Schutz auf Weihnachtsmärkten unmöglich ist, wie der Landkreistag betont.
Der Anschlag auf den Weihnachtsmarkt hat Magdeburg, aber auch das ganze Land erschüttert. Neben der Trauer und der Hilfe für die zahlreichen Verletzten beginnt aber nun auch die politische Aufarbeitung.
In Magdeburg kommt heute der Ältestenrat des Landtages von Sachsen-Anhalt zusammen. Dabei geht es um die Frage, ob die Todesfahrt hätte verhindert werden können - und welche Schlüsse für einen besseren Schutz gezogen werden sollten. Eingeladen seien auch die Landes-Ministerinnen für Inneres, Justiz und Soziales, hieß es.
Aufklärung auch im Bundestag
Im gemeinsamen Morgenmagazin von ARD und ZDF kündigte der stellvertretende Vorsitzende des Bundestag-Innenauschusses, Lars Castellucci, eine schnelle Aufklärung an. Er werde noch im Laufe des Tages eine Sondersitzung des Innenauschusses beantragen. Dabei sollen die Chefs der Bundesbehörden, aber unter anderem auch Bundesinnenministerin Nancy Faeser befragt werden, so der SPD-Politiker.
Hintergrund ist, dass der Attentäter von Magdeburg über Jahre hinweg immer wieder aufgefallen war. "Es muss nun minutiös nachvollzogen werden, warum wir da nicht vorher haben wachsam sein können", betonte Castellucci.
Änderung bei Sicherheitsbehörden notwendig?
Der FDP-Innenpolitiker Konstantin Kuhle hält unterdessen Änderungen bei den deutschen Sicherheitsbehörden für notwendig. Kuhle sprach im Deutschlandfunk von einer "sehr starken Versäulung" in den Behörden. Die Raster dort passten auf Täter, die bestimmte islamistische, rechtsextreme oder linksextreme Motive haben.
Es gebe in den Behörden aber eine "Ohnmacht", wie mit Menschen umgegangen werden soll, die über Jahre in wirrer Art und Weise auch Gewaltdrohungen äußerten und etwa unter Verfolgungswahn litten und psychische Probleme haben. Deren Zahl sei "durchaus groß". Wenn es dann noch so viele unterschiedliche Zuständigkeiten bei den Behörden gebe, fielen solche Täter durchs Netz.
Zahlreiche Warnungen vor Taleb A.
So hatte es offenbar bereits zahlreiche Hinweise gegeben, dass vom Attentäter Taleb A. eine mögliche Gefahr ausgehen könnte. Beispielsweise hatte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge nach eigenen Angaben einen Hinweis zu dem Täter erhalten.
Die Nachricht sei im Spätsommer letzten Jahres über die Social-Media-Kanäle eingegangen, erklärte das BAMF. "Dieser wurde, wie jeder andere der zahlreichen Hinweise auch, ernst genommen." Da das Bundesamt aber keine Ermittlungsbehörde ist, sei die hinweisgebende Person, wie in solchen Fällen üblich, direkt an die verantwortlichen Behörden verwiesen worden, hieß es.
Wie MDR-Recherchen zeigen, übermittelte die Magdeburger Polizei Taleb A. noch im vergangenen Jahr eine schriftliche Gefährderansprache. Zuvor hatte die Polizei eingeräumt, dass eine geplante Gefährderansprache nicht durchgeführt werden konnte, da man Taleb A. nicht angetroffen habe.
Ob es erst zum Versuch einer persönlichen Gefährderansprache kam und danach das Schreiben versendet wurde, ist derzeit unklar. Ebenso unklar ist, ob das Gefährderanschreiben von Taleb A. unterzeichnet und zurückgesendet wurde.
"Es wird keinen absoluten Schutz geben"
Unterdessen verwies der Landkreistag darauf, dass absoluter Schutz auf Weihnachtsmärkten unmöglich sei: "Es gibt überall eine höhere Präsenz von Polizei- und Ordnungskräften und auch in Magdeburg sind die Zugänge polizeilich kontrolliert und Taschen durchsucht worden", sagte Landkreistags-Präsident Achim Brötel (CDU) dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND).
"Es wird aber einen absoluten Schutz nicht geben können." Wegen der Gefahren durch Messerattacken seien die gesetzlichen Voraussetzungen bis hin zu generellen Verboten bereits deutlich verschärft worden.
Zudem seien Weihnachtsmärkte und ähnliche Veranstaltungen Orte der Begegnung und des Miteinanders. "Daher muss man bei aller abstrakten Gefahr auch mit Augenmaß vorgehen, damit sie es bleiben können", betonte Brötel.
Demonstration der AfD in Magdeburg
Für den frühen Abend hat die AfD zu einer Kundgebung auf den Magdeburger Domplatz mit anschließendem Trauermarsch eingeladen. Dazu werden die AfD-Vorsitzende Alice Weidel und mehrere AfD-Landespolitiker erwartet.
Parallel zur AfD-Veranstaltung hat eine Initiative namens "Gib Hass keine Chance" zu einer Menschenkette um den Alten Markt aufgerufen.
Eine Ausnahme machen wir dann, wenn die Täterschaft gut belegt ist. So ist es auch im Fall des Anschlags von Magdeburg. Hier ereignete sich die Tat in der Öffentlichkeit. Taleb A. wurde festgenommen, nachdem er aus dem Tatfahrzeug ausgestiegen war. Deshalb sprechen wir künftig von Taleb A. als Täter und Todesfahrer und verzichten auf den Zusatz "mutmaßlich".
Auch der Pressekodex sieht dieses Vorgehen vor. In Richtlinie 13.1 heißt es dazu: "Die Presse darf eine Person als Täter bezeichnen, wenn (...) er die Tat unter den Augen der Öffentlichkeit begangen hat. In der Sprache der Berichterstattung ist die Presse nicht an juristische Begrifflichkeiten gebunden, die für den Leser unerheblich sind."