Anschlag in Magdeburg Wie es mit dem Beschuldigten weitergeht
Bis Samstagabend wurde Taleb A. vernommen. Nun sitzt der Beschuldigte des Anschlags auf den Magdeburger Weihnachtsmarkt in Untersuchungshaft. Wie geht das Verfahren jetzt weiter?
Am Freitagabend kurz nach dem Anschlag auf den Magdeburger Weihnachtsmarkt war Taleb A. festgenommen worden. Nach einer Festnahme muss er bis zum Ablauf des folgenden Tages einem Richter vorgeführt werden. Der entscheidet dann auf Antrag der Staatsanwaltschaft, ob der Beschuldigte in Untersuchungshaft kommt. Nach Auskunft der Polizeiinspektion Magdeburg hat der Ermittlungsrichter des Amtsgerichts Magdeburg am Samstagabend Untersuchungshaft angeordnet. Taleb A. sei in eine Justizvollzugsanstalt gebracht worden.
Vorwurf unter anderem fünffacher Mord
Der Tatvorwurf lautet: Fünffacher Mord, mehrfacher versuchter Mord und mehrfache gefährliche Körperverletzung. Bei den Getöteten handele es sich um einen neunjährigen Jungen und vier Frauen im Alter von 45, 52, 67 und 75 Jahren, so die Polizeiinspektion. Untersuchungshaft bedeutet nicht, dass der Beschuldigte schon bestraft wurde. Sie dient dazu, das weitere Strafverfahren gegen Taleb A. zu sichern.
Anklage und Prozess
Die Ermittlungen leitet derzeit die Staatsanwaltschaft Magdeburg. Unter ihrer Leitung wird die Polizei weitere Beweismittel suchen und auswerten. Durchsuchungen und eine Vernehmung des Beschuldigten haben bereits stattgefunden. Nach Abschluss der Ermittlungen wird die Staatsanwaltschaft Anklage erheben, wahrscheinlich beim Landgericht Magdeburg. Das Gericht entscheidet dann über die Zulassung der Anklage und würde das Hauptverfahren eröffnen. Einige Zeit später beginnt dann der Gerichtsprozess. Wie lange diese Schritte jeweils dauern werden, lässt sich heute noch nicht absehen.
Bei Mord droht lebenslange Haft
Sollte Taleb A. am Ende des Prozesses wegen Mordes verurteilt werden, stünde darauf laut Gesetz lebenslange Haft. Falls im Laufe des Verfahrens bei ihm psychische Probleme zum Zeitpunkt der Tat festgestellt werden sollten, könnte sich das auf seine Schuldfähigkeit auswirken. Gut möglich ist, dass zu dieser Frage Gutachten eingeholt werden. Irgendwelche Prognosen zu diesem Thema und zu möglichen Auswirkungen auf das Verfahren oder die Strafe sind zu so einem frühen Zeitpunkt aber nicht seriös möglich.
Bundesanwaltschaft prüft den Fall weiterhin
Die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe prüft seit dem Anschlag, ob sie die Ermittlungen übernimmt. Sie hat auch Vertreter der Behörde nach Magdeburg geschickt. Bislang hat sie den Fall nicht übernommen. Generalbundesanwalt ist seit März 2024 Jens Rommel. Seine Behörde ist nur für die Ermittlungen in ganz bestimmten Fällen zuständig. Es muss dabei um sogenannte Staatsschutzdelikte gehen, also Straftaten mit politischem Hintergrund. Der Generalbundesanwalt ist bei Mordermittlungen laut Gesetz zum Beispiel dann zuständig, wenn die Tat geeignet ist, die innere Sicherheit der Bundesrepublik zu gefährden und sie eine "besondere Bedeutung" hat. Nach den Anschlägen auf Polizisten in Mannheim oder das Stadtfest in Solingen jeweils mit möglichem islamistischem Hintergrund hat die Bundesanwaltschaft die Ermittlungen übernommen.
Es ist aber nicht ungewöhnlich, dass die Prüfung ein wenig dauert. Für die Zuständigkeit der Bundesanwaltschaft spielt das Motiv eine entscheidende Rolle. Aus der bislang nicht erfolgten Übernahme kann man schließen: Im Magdeburger Fall scheint derzeit nicht klar genug zu sein, ob das Motiv von Taleb A. im konkreten Fall dem Bereich Staatsschutz und Terrorismus zuzuordnen ist. Das kann sich noch ändern, muss es aber nicht. Aktuell bleibt die Staatsanwaltschaft Magdeburg zuständig.
Was sich ändern würde, falls Karlsruhe übernimmt
Nach einer Übernahme des Falles hätte der Generalbundesanwalt als oberster Staatsanwalt des Bundes "den Hut auf" und würde die Ermittlungen leiten. An der Art und Weise der Ermittlungen würde dies nicht viel ändern. Das Bundeskriminalamt ist schon jetzt mit im Boot. Allerdings würde die Anklage dann bei einem anderen Gericht erhoben, und zwar beim Oberlandesgericht Naumburg, das im Bundesland Sachsen-Anhalt für Staatsschutzverfahren zuständig ist. Der Prozess würde dann dort stattfinden.
Eine Ausnahme machen wir dann, wenn die Täterschaft gut belegt ist. So ist es auch im Fall des Anschlags von Magdeburg. Hier ereignete sich die Tat in der Öffentlichkeit. Taleb A. wurde festgenommen, nachdem er aus dem Tatfahrzeug ausgestiegen war. Deshalb sprechen wir künftig von Taleb A. als Täter und Todesfahrer und verzichten auf den Zusatz "mutmaßlich".
Auch der Pressekodex sieht dieses Vorgehen vor. In Richtlinie 13.1 heißt es dazu: "Die Presse darf eine Person als Täter bezeichnen, wenn (...) er die Tat unter den Augen der Öffentlichkeit begangen hat. In der Sprache der Berichterstattung ist die Presse nicht an juristische Begrifflichkeiten gebunden, die für den Leser unerheblich sind."