Ein Wahlplakat von Thüringens Ministerpräsident und Linen-Politiker Bodo Ramelow hängt über eine Plakat des Bündnis Sahra Wagenknecht.

Thüringen BSW wollte offenbar Ramelow abwerben

Stand: 30.08.2024 12:33 Uhr

Die BSW-Spitzenkandidatin in Thüringen wechselte im Januar von den Linken zur Wagenknecht-Partei. Wenige Tage vorher hatte der BSW-Landeskoordinator offenbar versucht, auch Ramelow in die neue Partei zu holen.

Von Lucas Grothe und Edgar Lopez, MDR

Das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) hat Anfang des Jahres offenbar versucht, den Thüringer Ministerpräsidenten und Linken-Politiker Bodo Ramelow abzuwerben. Ramelow sagte dem MDR nun, im Januar habe der Landeskoordinator des BSW ihm die Spitzenkandidatur für das Bündnis in Thüringen angeboten.

Landeskoordinator des BSW war Thomas Schmid, der nun BSW-Direktkandidat in Erfurt ist. Er habe ihm gesagt, "es wäre toll, wenn man gemeinsam gegen die AfD kämpfen würde und ich wäre doch der richtige Spitzenkandidat, das wäre doch die richtige Geschichte", so Ramelow zum MDR.

Dem MDR liegen Chatnachrichten zwischen Ramelow und Schmid vor, darin schreibt Schmid: "Das beste wäre ein BSW mit Ihnen an der Spitze. Das wäre meine Wahl."

Schmid als "Headhunter"?

Auf Anfrage bestritt Schmid, dass er versucht habe, Ramelow für das BSW abzuwerben. Er bestätigte zwar die Chatnachricht an Ramelow, will dies aber nicht als Abwerbeversuch gemeint haben. Vielmehr habe Ramelow sich bei ihm gemeldet und gefragt, warum Schmid ihm schaden wolle.

Der BSW-Landesverband befand sich zu dieser Zeit im Aufbau. Bereits da gab es bei den Linken Befürchtungen, dass Politiker aus den eigenen Reihen zum BSW wechseln würden. Dass Ramelow sich tatsächlich zuerst bei Schmid gemeldet hat, geht aus den dem MDR vorliegenden Chatnachrichten nicht eindeutig hervor.

Ramelow sagte dem MDR nun, Schmid sei rückblickend ab Herbst 2023 als "Headhunter", also als zentraler Personalanwerber, für das BSW in Thüringen unterwegs gewesen. Schmid habe offenkundig auch andere Personen angesprochen, nicht nur ihn.

Schmid bestreitet, AfD-Mitglied gewesen zu sein

In den vorliegenden Chats bestreitet Thomas Schmid, zu diesem Zeitpunkt Mitglied des BSW gewesen zu sein. Schmid war nach eigenen Angaben zumindest seit Februar 2024 als Landeskoordinator des BSW Thüringen mit dem Aufbau des Landesverbands betraut. Nun tritt er als Direktkandidat im Erfurter Süden bei den Landtagswahlen an.

Recherchen von MDR, NDR und WDR hatten kürzlich ergeben, dass Schmid 2013 Pressesprecher der AfD Thüringen werden sollte. Zudem liegen den Medien AfD-Mitgliederlisten für 2014 bis 2015 vor, auf denen Schmid als Mitglied geführt wird. Er bestreitet, jemals Mitglied der AfD gewesen zu sein.

Offenbar auch SPD-Politiker angefragt

Neben Ramelow hatte Schmid offenbar auch den Thüringer Innenminister und SPD-Landesvorsitzenden Georg Maier angesprochen. Maier sagte dem MDR, im Herbst habe Schmid ihn bei einer Veranstaltung gefragt, was er von Sahra Wagenknecht halte. Rückblickend sei ihm das zwar nicht wie ein Anwerbeversuch, aber wie ein Vorfühlen vorgekommen. Auf Anfrage sagte Schmid, er habe Maier nur gesagt, dass man etwas tun müsse, damit die SPD wieder zu alter Stärke finde.

Der BSW-Landesverband in Thüringen hatte sich im März gegründet. Spitzenkandidatin der Partei ist die ehemalige Linken-Politikerin und Eisenacher Oberbürgermeisterin Katja Wolf. Sie hatte im Januar überraschend ihren Übertritt zum BSW angekündigt und bei vielen Linken damit für Empörung gesorgt. Der Parteiwechsel war im Januar bekannt geworden. Wie nun klar wird, nur wenige Tage nachdem Schmid die Nachricht an Ramelow geschickt hatte.

Nach MDR-Informationen sollte neben Wolf damals auch der SPD-Oberbürgermeister von Erfurt, Andreas Bausewein, zum BSW wechseln. Allerdings habe er sich kurz vor der geplanten Verkündung überraschend dagegen entschieden. Bausewein äußerte sich damals nicht dazu.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 30. August 2024 um 10:52 Uhr.