Parteitag "Bündnis Sahra Wagenknecht" Ein Ansporn für andere Parteien
Das "Bündnis Sahra Wagenknecht" hat sich bei seinem Parteitag klar positioniert - etwa gegen Aufrüstung und für soziale Umverteilung. Das Bündnis will die Politik verändern, nährt aber auch antidemokratische Impulse, meint Uwe Jahn.
Sahra Wagenknecht will die Politik in Deutschland verändern. Das könnte passieren. Warum? Weil Wagenknecht mit dem Unmut und der Wut, die es in diesem Land gibt, umgehen kann.
Das fängt bei der sozialen Frage an. Das "Bündnis Sahra Wagenknecht" will die Spaltung der Gesellschaft mit einer Sozialpolitik der Umverteilung aufhalten. Kleine Einkommen sollen auskömmlich sein, die Bildungspolitik den Kindern mehr Chancen ermöglichen als heute, der Mindestlohn steigen, die Renten fürs Leben reichen.
Zuletzt ist die Schere zwischen Armen und Superreichen hierzulande immer weiter auseinandergegangen. Deshalb will Wagenknecht Konzernen und Millionären Geld abknöpfen, um ihre Sozialpolitik zu finanzieren. Das will die Linke zwar auch, aber Wagenknecht hat die Umfragen auf ihrer Seite. Wer wütend ist, weil er zu wenig hat, darf sich von ihr verstanden fühlen.
Abrüstung statt Aufrüstung
Wer es bedrückend findet, dass Deutschland Waffen an die Ukraine liefert, wird bei Wagenknecht ebenfalls bestens bedient: Abrüstung statt Aufrüstung. Dafür gibt es traditionell starken Rückhalt in Deutschland.
Bei Wagenknecht heißt das: Waffenstillstand sofort und Stopp der Waffenlieferungen an die Ukraine. Tatsächlich bedeutet das, die Ukraine an Russland auszuliefern. Warum Russland sich auf einen Frieden mit einer wehrlosen Ukraine einlassen sollte, sagt sie nicht. Wenn solche Vereinfachungen weiterhin Schule machen, wird es sehr schwer sein, komplexe Probleme überhaupt noch in der breiten Öffentlichkeit zu diskutieren.
Thesen, die auch die AfD aufstellt
Zum Schluss muss über den ganz eigenen Populismus von Wagenknecht und ihren Leuten geredet werden: die Behauptung, in Deutschland dürfe man seine Meinung nicht offen sagen. Oder Corona-Skeptiker würden verunglimpft - das ist so identisch bei der AfD zu finden.
Die Gemeinsamkeit: Wagenknecht wie AfD sondern ständig ihre Meinung ab und behaupten im selben Atemzug, man dürfe das nicht mehr. Dazu die Unterstellung, die Politik sei arrogant. Wer so überheblich auftritt und so abfällig über die Mitbewerber spricht wie Wagenknecht und ihre Mitstreiter, entlarvt sich selbst als arrogant.
Gefährliche Tendenzen
Nun das Fazit: Das "Bündnis Sahra Wagenknecht" könnte Deutschland verändern. In Sachen Sozialpolitik könnte das sogar ein Gewinn sein. Mit ihren Positionen zur Russlandpolitik, mit ihrem Opfermythos in der öffentlichen Debatte und mit der Herablassung denen gegenüber, die politisch Verantwortung übernehmen, nährt sie allerdings antidemokratische Impulse. Das ist gefährlich. Und müsste den anderen Parteien ein Ansporn sein, besser zu werden - besser ihre Politik zu erklären, besser Bürokratie abzubauen, besser Lasten zu verteilen. Damit wäre ja schon eine Menge erreicht.
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