Empfehlungen des Normenkontrollrats Einfachere Gesetze gegen "Kollaps der Verwaltung"
Aktenordner statt digitalem Management, neue Vorschriften statt weniger Bürokratie. Wenn eine neue Bundesregierung das nicht endlich anpacke, drohe ein "Kollaps der öffentlichen Verwaltung", warnt der Nationale Normenkontrollrat.
Die deutsche Wirtschaft steckt in einer schweren Krise, die Infrastruktur ist vielerorts marode und die Bildung kommt zu kurz. Und wenn die Bürokratie nicht schneller abgebaut wird, dann droht sogar mittelfristig ein Kollaps der öffentlichen Verwaltung. Diese eindringliche Warnung kommt vom Nationalen Normenkontrollrat (NKR), einem unabhängigen Beratergremium.
"Die Verwaltung ächzt", sagte der NKR-Vorsitzende Lutz Goebel der Deutschen Presse-Agentur. In den Behörden gingen inzwischen mehr Mitarbeitende in den Ruhestand als neue nachkämen. Daher könne die Verwaltung die viel zu komplexen Gesetze perspektivisch gar nicht mehr umsetzen, geschweige denn deren Einhaltung kontrollieren.
Die nächste Bundesregierung müsse fundamentale Änderungen angehen, den Vollzug ihrer Reformen bei der Gesetzgebung gleich mitdenken und Prozesse verändern. Damit könne mehr erreicht werden als mit vielen kleinen Einzelmaßnahmen.
Veto-Recht für neue Gesetze gefordert
Daher fordert der Normenkontrollrat von einer künftigen Bundesregierung erneut ein Veto-Recht gegen bürokratische Gesetze. "Wir überprüfen, welche Kosten neue Gesetze verursachen, ob praxistauglichere Alternativen bestehen und wie eine gute digitale Ausführung erreicht werden kann. Wir können aber nicht verhindern, dass Politiker schlechte Gesetze durchbringen", hatte NKR-Vorsitzender Goebel zuletzt den Zeitungen der Funke-Mediengruppe gesagt.
"Deshalb wäre es sinnvoll, den NKR mit einem aufschiebenden Vetorecht für Gesetze auszustatten, bei denen Aufwand und Nutzen in keinem Verhältnis stehen, die nicht gut gemacht sind, die den Digitalcheck nicht bestehen."
"Weniger Misstrauen gegenüber dem Bürger"
Spätestens vor den nächsten Koalitionsverhandlungen werde der NKR eine Reihe von Empfehlungen für die nächste Regierung geben, kündigte Goebel an. Man müsse endlich weg von dem kräftezehrenden typisch deutschen Wunsch nach "Einzelfallgerechtigkeit" - also einer Gesetzgebung, die alle Situationen und Lebenslagen berücksichtigt.
Hier sei ein "Kulturwandel" notwendig, denn "die Verwaltung kann das nicht mehr". Pauschale Regelungen und Stichproben seien besser als Überkomplexität und 100-Prozent-Kontrolle. "Wir müssen uns davon verabschieden, gegenüber dem Bürger und der Wirtschaft so misstrauisch zu sein."
Gemischte Bilanz der Ampel
Bezüglich der Regierungszeit der Ampel zieht der NKR-Vorsitzende eine gemischte Bilanz. Am Anfang sei der bürokratische Aufwand "stark gestiegen", sagte Goebel den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. "Gerade das als Heizungsgesetz bekannte Gebäudeenergiegesetz war enorm bürokratisch."
Aber auch europäische Vorgaben wie etwa das Lieferkettengesetz "belasten sehr", gab er an. Positiv bewertete Goebel hingegen das vierte Bürokratieentlastungsgesetz, das Anfang Januar in Kraft treten soll. "Das reicht aber trotzdem nicht aus", so das Fazit von Goebel.