CDU-Regionalkonferenz Selbstfindung in Schkeuditz
Die CDU ist auf der Suche nach einem neuen Grundsatzprogramm. Bei der Regionalkonferenz im sächsischen Schkeuditz sprach Parteichef Merz vor wohlwollendem Publikum. Einig ist man sich aber nicht in allen Fragen.
Hier geht's zur CDU. Daran lassen die Schilder am Straßenrand keine Zweifel, die im Abstand von nur wenigen Metern hängen. Der Weg nach Schkeuditz zur dritten von vier CDU-Regionalkonferenz ist ein wenig mühsam. Die Veranstaltungshalle liegt am Rande der sächsischen Kleinstadt, die wiederum weit am Rand von Leipzig liegt. Hier mitten in einem kleinen Gewerbegebiet, in dem die Zeit Anfang der 2000er Jahre stehen geblieben zu sein scheint, diskutiert die größte Partei Deutschlands über ihre Zukunft.
Dieser Donnerstagabend Ende März ist nur ein Gesprächsformat von vielen. Im Herbst will die Partei das, was in diversen Arbeitsgruppen besprochen, von Mitgliedern über Umfragen eingebracht und auf den Regionalkonferenzen diskutiert wurde, in ein neues Grundsatzprogramm gießen. Das Ziel: Fünf bis zehn Punkte, in denen sich die CDU deutlich von den anderen Parteien unterscheidet. Eine ambitionierte Aufgabe, das wird auch in Schkeuditz deutlich.
Kritik vor allem an den Grünen
Nicht mehr in der Regierung zu sein, habe auch einen Vorteil. So versucht Generalsekretär Mario Czaja gleich zu Beginn des Abends, Optimismus zu verbreiten. Man könne sich mal nur mit sich selbst beschäftigen: "Darüber reden, was uns bewegt!" Nimmt man Czaja beim Wort, bewegt die Partei derzeit allerdings am meisten, was andere machen.
In den Redebeiträgen geht es immer wieder um die Performance der Ampelkoalition, am meisten geht es aber um die Grünen. Lautes Lachen geht durch den Saal, als Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff Grüße an den sächsischen Landeschef Winfried Kretschmann richtet, aber eigentlich Michael Kretschmer meint, der wegen anderer Termine nicht da sein kann. Haseloff korrigiert sich und legt nach, Baden-Württembergs Ministerpräsident Kretschmann sei einer der wenigen Grünen, die ihre Politik nicht allen anderen überhelfen wollten.
Das ist der Tenor der Debatte: Deutschland dürfe kein Experimentierfeld werden für grüne Ideologie. Insbesondere im Osten sei man sensibel, wo schon einmal ein Regime versucht habe, den Bürgern ihr Leben vorzuschreiben.
Klimaschutz ja, aber anders
Die Bewahrung der Schöpfung sei eine urchristliche Aufgabe und damit auch Ziel der CDU, macht der Parteivorsitzende Friedrich Merz klar und sendet damit gleichzeitig ein Signal an die Basis: Niemand könne und dürfe den Klimawandel leugnen. Klar und deutlich wird, was die CDU nicht will: ein Verbot von neuen Öl- und Gasheizungen, einen noch früheren Kohleausstieg, eine generelle Abkehr von der Atomkraft.
Nur wie genau Deutschland die Klimaziele einhalten soll, die die Union damals noch in Regierungsverantwortung mitgesteckt hat, ist nicht ganz so klar. Es ist die Rede von Technologieoffenheit und davon Anreize zu schaffen, damit Bürger und Wirtschaft von selbst CO2 einsparen.
Eine Meldung aus dem Publikum, also der Parteibasis, an Merz gerichtet, bringt es auf den Punkt: Warum die CDU Klimaschutz nicht zu ihrem Kernthema mache? Warum lasse man sich das Thema von anderen Parteien wegnehmen? Am Klimaschutz wird und will die Parteispitze künftig nicht mehr vorbeikommen. Da herrscht große Einigkeit. Nur: Wie das Thema angehen und mit wem?
Es geht ums Kanzleramt
Damit hängt ein anderer Vorschlag aus dem Publikum zusammen: Wäre es nicht gut für die CDU, so wie es die CSU in Bayern gerade macht, in Zukunft Wahlkampf gegen die Grünen zu führen und eine Koalition mit ihnen auszuschließen? So weit will Merz nicht gehen.
Er will keinen Koalitionswahlkampf und sich alle Optionen offen halten - auch die, mit den von der Union gerade so heftig kritisierten Grünen zu koalieren. Denn am Ende steht ein Ziel und auf dem Weg dorthin ist das neue Grundsatzprogramm nur ein Schritt dorthin: Es geht darum, wieder ins Kanzleramt einzuziehen. Auch wenn Merz sich noch nicht klar positioniert hat, geht wohl kaum einer mehr in der Partei von einem anderen Kanzlerkandidaten als ihm aus.
In Umfragen bleibt die CDU seit Monaten meist knapp unter 30 Prozent und damit hinter ihren selbstgesteckten Erwartungen zurück. Immer wieder ist in Schkeuditz die Rede davon, dass der Osten Seismograf für die Stimmung im Land sei. Der Saal tobt, als der Parteichef den Begriff "Pascha" wiederholt, den er nach den Berliner Silvesterkrawallen in einer Talkshow verwendet hatte.
Wie weiter mit der AfD?
In Schkeuditz trifft Merz auf ein wohlwollendes Publikum, viele in Ostdeutschland haben ihn beim Kampf um den Parteivorsitz unterstützt. Es gibt hier vielerorts ein großes Bedürfnis nach einem stärker konservativen Profil und teilweise sogar die Ansicht, man könne sich nicht für immer der Zusammenarbeit mit der AfD verschließen.
Dem erteilt Merz in Schkeuditz allerdings eine deutliche Absage: "Für die christlich-demokratische Union wird es mit dieser Partei an keiner Stelle der Bundesrepublik Deutschland eine parlamentarische Zusammenarbeit geben."
Im nächsten Jahr stehen im Osten drei Landtagswahlen an, Brandenburg, Sachsen und Thüringen. Ob dann alle in der CDU-Basis Merz-Ansage folgen werden, wird sich zeigen. In Schkeuditz zumindest lief alles nach Plan: Nach gut drei Stunden war Schluss. Von 30 eingereichten Wortbeiträgen kamen nicht mal die Hälfte dran. Heute steht bereits die nächste und letzte Regionalkonferenz an. Im Norden, in Mecklenburg-Vorpommern. In der CDU hat man viel vor, doch nicht ewig Zeit.