Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig.

Bundesverwaltungsgericht Compact-Verbot teils vorläufig außer Vollzug gesetzt

Stand: 14.08.2024 17:19 Uhr

Das Bundesverwaltungsgericht hat das Verbot des rechtsextremen Compact-Magazins im Eilverfahren teils vorläufig außer Vollzug gesetzt. Es meldete vor allem Zweifel an der Verhältnismäßigkeit an. Eine endgültige Entscheidung wird im Hauptsacheverfahren fallen.

Das im Juli von Bundesinnenministerin Nancy Faeser verfügte sofortige Verbot der rechtsextremen Zeitschrift Compact wurde teils vorläufig außer Vollzug gesetzt. Das Bundesverwaltungsgericht gab dem Antrag der Herausgeber des Magazins, die aufschiebende Wirkung ihrer Klage gegen die Verbotsverfügung wiederherzustellen, in bestimmten Maße statt, wie das Gericht in Leipzig mitteilte. Damit kann das Blatt unter bestimmten Auflagen vorerst wieder erscheinen. Eine endgültige Entscheidung über ein Verbot wird im Hauptsacheverfahren fallen.

Alles spricht laut der Mitteilung des Gerichts dafür, dass die Verbotsverfügung formell rechtmäßig ist. Ob sich das Magazin aber gegen den Verbotsgrund richtet, gegen die verfassungsmäßige Ordnung zu verstoßen, könne derzeit nicht abschließend beurteilt werden.

Ist ein Verbot verhältnismäßig?

Es ließen sich in den Veröffentlichungen zwar "Anhaltspunkte insbesondere für eine Verletzung der Menschenwürde" erkennen. Auch lasse sich aus vielen Beiträgen "eine kämpferisch-aggressive Haltung gegenüber elementaren Verfassungsgrundsätzen" herauslesen. Zweifel bestünden jedoch, ob dies alles derart prägend sei, dass das Compact-Verbot verhältnismäßig sei. So gebe es in dem Magazin mit Blick auf die Meinungs- und Pressefreiheit "in weiten Teilen nicht zu beanstandenden Beiträge".

"Zentrales Sprachrohr der rechtsextremistischen Szene"

Das Bundesinnenministerium stützt sich bei seinem Verbot auf genau diese Begründung: Die Publikation richte sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung, teilte das Ministerium am 16. Juli mit. Faeser bezeichnete Compact als "zentrales Sprachrohr der rechtsextremistischen Szene". Es hetze "auf unsägliche Weise gegen Jüdinnen und Juden, gegen Menschen mit Migrationsgeschichte und gegen unsere parlamentarische Demokratie". Auch die mit dem Magazin verbundene Videoproduktionsfirma Conspect Film GmbH wurde verboten.

Das Magazin darf seither nicht mehr erscheinen. Webseiten wurden gesperrt. Bei Durchsuchungen in mehreren Bundesländern wurden unter anderem Datenträger und Exemplare des Magazins beschlagnahmt.

Compact hatte kurz darauf sowohl eine Klage als auch ein Eilantrag gegen das Verbot eingereicht. Das Bundesverwaltungsgericht ist in erster und letzter Instanz für derartige Klagen zuständig. Über das Eilverfahren hat das Gericht jetzt entschieden. 

Innenministerium: Verbot umfassend begründet

Das Bundesinnenministerium hält sein Verbot weiter für begründet. Das Ministerium habe das verfassungsfeindliche und aggressiv-kämpferische Agieren der Compact-Magazin GmbH in der Verbotsverfügung umfassend begründet und durch Beweismaterial der Sicherheitsbehörden belegt, erklärte ein Ministeriumssprecher.

Kubicki kritisiert Faesers Vorgehen

Bundestagsvizepräsident Wolfgang Kubicki (FDP) kritisierte hingegen das Vorgehen Faesers beim Verbot von Compact: "Es wäre in einem Rechtsstaat hilfreich, vor der Einleitung von derartigen drakonischen Maßnahmen auch mildere Mittel in Betracht zu ziehen", sagte Kubicki den Zeitungen der Funke Mediengruppe.

Der Deutsche Journalisten-Verband sieht in der Entscheidung ein klares Bekenntnis des Gerichts zum Grundrecht der Pressefreiheit. Bundesvorsitzender Mika Beuster sagte: "Damit steht fest, dass das Compact-Verbot ein politischer Schnellschuss war." Vor den Konsequenzen habe der Verband bei Bekanntgabe des Compact-Verbots gewarnt. Bis eine gerichtliche Entscheidung in der Hauptsache vorliege, könne noch viel Zeit vergehen.