Innenministerium Faeser weist Wechselgerüchte von sich
Ist der Job als Bundesinnenministerin für Faeser nur eine Zwischenstation auf dem Weg zu ihrem eigentlichen Ziel: Regierungschefin in Hessen? Das Gerücht wurde jüngst von einer Parteifreundin angeheizt. Faeser will davon nichts wissen.
Unbedachte Formulierung oder gezieltes Wegloben? Christine Lambrecht, angezählte Verteidigungsministerin im Kabinett Scholz, hat mit ihren Äußerungen zur politischen Zukunft ihrer Partei- und Kabinettskollegin Nancy Faeser für einige Irritationen gesorgt. Und Nachfragen. Das mag auch daran liegen, dass Lambrecht per Zeitungsinterview aussprach, was seit Faesers Wechsel nach Berlin als Gerücht kursiert. Die SPD-Politikerin aus Hessen wolle gar nicht so lange Bundesinnenministerin sein, sondern im nächsten Jahr als Spitzenkandidatin im hessischen Landtagswahlkampf antreten und Langzeit-Ministerpräsident Volker Bouffier von der CDU beerben. Faeser wäre dann erste Regierungschefin Hessens - und das Bundesland nach mehr als 20 Jahren mal wieder in SPD-Hand.
"Mit voller Kraft Innenministerin"
Für Faeser dürfte diese von ihrer Kabinettskollegin Lambrecht losgetretene Debatte zur Unzeit kommen. Was ihre politische Zukunft angeht, will sie sich auch weiterhin nicht festlegen lassen. "Ich bin mit voller Kraft Innenministerin", sagte sie in Wiesbaden auf entsprechende Fragen. Sie konzentriere sich gerade sehr darauf, unter anderem die sexualisierte Gewalt gegen Kinder, Organisierte Kriminalität sowie Hass und Hetze im Internet zu bekämpfen, erklärte Faeser. "Das sind keine Dinge, die man übermorgen erledigt hat, dafür braucht man auch die entsprechende Zeit. Alles andere spielt für mich keine Rolle."
Sie plane nicht, ihr Amt vorzeitig aufzugeben, um SPD-Spitzenkandidatin zur Landtagswahl 2023 in Hessen zu werden, hatte sie zuvor bereits in der "Bild am Sonntag" betont. Wörtlich sagte Faeser: "Würden Sie dieses Amt der Bundesinnenministerin aufgeben? Ich habe das nicht vor."
Kalkül der Kollegin?
Steckte also womöglich ein Kalkül Lambrechts dahinter, die Spekulationen um Faeser zu befeuern? In dem Interview mit dem Nachrichtenportal "t-online" war Lambrecht konkret auf die Gerüchte angesprochen worden, wonach Faeser im kommenden Jahr SPD-Spitzenkandidatin in Hessen werden und Lambrecht dann ins Innenministerium nachrücken könnte. Lambrechts Antwort: "Ich setze darauf, dass Nancy Faeser nicht nur Spitzenkandidatin wird, sondern auch die erste Ministerpräsidentin in Hessen."
94 Prozent für Faeser - in Hessen
Lambrecht gehört ebenfalls dem hessischen Landesverband an. Faeser war zunächst Generalsekretärin der Hessen-SPD, 2019 übernahm sie dann Landesverband und Fraktion. Beim Parteitag in Marburg Anfang Mai wurde sie mit 94 Prozent als Parteichefin bestätigt. "Mein Herz ist in Hessen", bekannte sie, der Kanzler sprach ein Grußwort. Alls das wurde als Signal für einen Wechsel zurück von Berlin nach Hessen im nächsten Jahr gewertet. Faeser selbst hatte mehrfach darauf hingewiesen, dass die Frage der Spitzenkandidatur in Hessen erst im kommenden Jahr beantwortet werde.
Lambrecht in der Kritik
Zumal Lambrecht nachgesagt wird, mit dem Innenressort zu liebäugeln. Während der Koalitionsverhandlungen von SPD, Grünen und FDP war sie bereits als mögliche Bundesinnenministerin gehandelt worden. Es sei "kein Geheimnis", dass sie sich "immer für die Rechts- und Innenpolitik interessiert" habe, sagte Lambrecht dem Portal "t-online". Dennoch schließe sie sich dem Wunsch des Bundeskanzlers Scholz an. Scholz hatte sie als Verteidigungsministerin ins Kabinett geholt. Zuvor war Lambrecht Justizministerin.
Ihre bisherige Bilanz an der Spitze des Wehrressorts ist durchwachsen. Lambrecht steht schon länger in der Kritik, zuletzt wegen des Mitflugs ihres Sohnes in einem Regierungshubschrauber. Unions-Fraktionschef Friedrich Merz forderte Scholz zur Entlassung Lambrechts auf. Sowohl von Kanzler Scholz als auch von SPD-Co-Chef Lars Klingbeil bekam sie aber deutliche Rückendeckung.