Christian Dürr (Archivbild)
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Zukunft der FDP Zwischen Abstiegsangst und Comeback-Hoffnung

Stand: 22.03.2025 13:30 Uhr

Die FDP sitzt nicht mehr im neuen Bundestag. Fällt sie nun in die Bedeutungslosigkeit oder sortiert sie sich neu? Welche Gründe sprechen für welches Szenario?

Eine Analyse von Markus Sambale, ARD-Hauptstadtstudio

Wenn der neue Bundestag am Dienstag zum ersten Mal zusammentritt, ist die FDP nicht mehr dabei. Sie muss jetzt ihre Rolle in der außerparlamentarischen Opposition finden. Wie will die Partei in den kommenden Jahren sichtbar bleiben? Kann die FDP auf eine Rückkehr in den nächsten Bundestag hoffen?

Drei Gründe, warum der Partei die Bedeutungslosigkeit droht:

Erstens: Das verlorene Vertrauen

Das Ergebnis der Bundestagswahl hatte sich schon vorher angedeutet: Seit die FDP in der Ampel mitregiert hat, verlor sie auch in den Bundesländern das Vertrauen ihrer Wähler. Aktuell ist die FDP nur noch in acht Landesparlamenten, regiert dort nur zweimal mit.

Weniger Präsenz in Parlamenten, das heißt auch: Weniger Sichtbarkeit der FDP in den politischen Debatten und in den Medien. Und die Gefahr, vergessen zu werden.

Zweitens: Personal- und Strategie-Probleme

Christian Dürr will den Parteivorsitz übernehmen. Doch schafft er den Neuanfang nach elf Jahren Lindner-FDP? Ausgerechnet Dürr, der als Fraktionschef die aktuelle Krise mitzuverantworten hat? Das Problem: Es gibt kaum Alternativen. Andere Männer, geschweige denn andere Frauen, mit Zukunfts-Perspektive drängen sich nicht auf für den Spitzenposten.

Nicht nur beim Personal, auch bei der Strategie schwächelt die FDP. Lindner hatte die Partei ganz auf Wirtschafts- und Finanzthemen getrimmt. Und er drückte der FDP seinen Stil auf: Opposition zu sein in der eigenen Regierung. Das Konzept ist gescheitert.

Drittens: Die veränderte Parteienlandschaft

Für die FDP wird es schwerer, Proteststimmen einzusammeln. Denn wer unzufrieden ist mit der Regierung, wählt zunehmend die politischen Ränder. Gerade erst haben AfD und Linke davon profitiert. Und die Union hat der FDP das Kernthema Wirtschaft weggeschnappt.

Dazu kommt: Die FDP war oft dann am stärksten, wenn sie als Mehrheitsbeschafferin gebraucht wurde - in Zweier-Bündnissen mit Union oder SPD. Doch die sind unwahrscheinlich geworden, weil die einstigen Volksparteien CDU und SPD schwächer werden.

Drei Gründe, die für ein Comeback sprechen:

Erstens: Die Auszeit als Chance

Wenn es gut läuft, dann ist die Wahlschlappe ein heilsamer Schock für die FDP. Vielleicht gelingt der Neustart mit einer breiten Teamaufstellung: mit neuen Gesichtern, die für klare Inhalte stehen, statt alles auf eine Person zuzuschneiden.

Nötig bleibt aber auch eine Kursdebatte: Wofür steht die FDP - abgesehen von Wirtschaftsthemen? Welche Rolle sollen Sozialthemen und Bürgerrechte spielen?

Schon einmal hat sich die FDP in der außerparlamentarischen Opposition erneuert - von 2013 bis 2017. Was dabei helfen könnte: FDP-Anhänger wenden sich zwar schnell ab von ihrer Partei, sie kamen aber zumindest in der Vergangenheit auch oft zurück.

Zweitens: Die Fehler der anderen

Die wahrscheinlich künftige schwarz-rote Regierung startet mit einem historischen Schulden-Paket. Kommt das Geld wirklich an? Wie sehr werden künftige Generationen belastet? Für die FDP dürfte es genügend Kritikpunkte geben in den kommenden Jahren. Gerade bei ihren Kernthemen Finanzen und Generationengerechtigkeit und schlankem Staat.

Scheitert Schwarz-Rot an den eigenen Versprechen, dann könnte das zur Chance werden für die FDP. Sie könnte bei der nächsten Wahl den Ärger von denen bündeln, die nicht extrem wählen wollen.

Drittens: Liberale leben länger

Auch wenn die FDP nicht mehr im Bundestag ist, bleibt sie auf anderen Ebenen präsent. In den Kommunen und Ländern. Und auch im Europäischen Parlament.

Seit Gründung der Bundesrepublik gehört sie zum deutschen Parteiensystem. Die FDP kann sich auf ihre gewachsenen Strukturen verlassen. Und anders als beim Bundestags-Aus 2013 sind die Finanzen bei der FDP solide. Sie steht damit besser da als andere kleine Parteien.

Wenn die FDP Strukturen und Geld nutzt, um überzeugende Kampagnen zu organisieren - dann könnte es bei der nächsten Wahl klappen mit einem Comeback.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 19. März 2025 um 08:15 Uhr.