Grünen-Spitzenkandidat wird gewählt Wie Habeck Kanzler werden will
Bei den Grünen geht es ab heute beim Parteitag um Köpfe - die neue Parteispitze und den Spitzenkandidaten. Wer das Gesicht für die Bundestagswahl werden soll, ist seit einer Woche klar: Robert Habeck.
Robert Habeck steht in grauem Kapuzen-Pulli und mit Drink in der Hand auf einer Rooftop-Bar in Lissabon. Aus den Lautsprechern dröhnen House-Beats. Der Grünen-Politiker ist umringt von zwölf deutschen Gründerinnen, die ihn in die portugiesische Hauptstadt begleitet haben.
Habeck will zeigen: Frauen können Business. Er möchte als Wirtschaftsminister mehr für sie tun und beim Vernetzen helfen - beim Web Summit, einer der wichtigsten Technologiemessen der Welt und Treffpunkt der Startup-Szene.
"Ich bin der Robert", so hatte er sich beim Hinflug den Unternehmerinnen vorgestellt. Es wird konsequent geduzt an diesem Montagabend, die Stimmung ist ausgelassen. Habeck gibt sich als empathischer Politiker, den verständnisvollen, den "anderen". Seine Botschaft: Es muss nicht immer Anzug und Krawatte sein, manchmal passen Hoodie und lockere Sprüche besser.
Mit diesem Motto blickt der 55-Jährige jetzt Richtung Kanzleramt. "Ich habe mich lange geprüft, ob ich nach diesen schwierigen Jahren, wo auch mir gegenüber Vertrauen verloren gegangen ist, noch ein Angebot an die Menschen machen kann", sagt Habeck im Interview mit dem ARD-Hauptstadtstudio. Seine Antwort lautet: ja.
Kampagnen-Auftakt geht schief
Der Auftakt seiner Kampagne ging schon mal nach hinten los. Habeck postete vor einer Woche ein kurzes Video in den Sozialen Netzwerken, in dem er an einem Schreibtisch sitzt und ein Lied von Herbert Grönemeyer summt. Der war nicht sonderlich begeistert davon und untersagte den Grünen, seine Musik zu verwenden. Jetzt ist der Clip gelöscht.
Abhaken, nach vorne denken - das ist Habecks Motto. Der Grünen-Politiker aus Flensburg will sich um die Zukunft der Menschen kümmern, sagt er. Ihnen erklären, warum die Welt gerade so belastet von Krisen ist und wie Wege daraus gelingen können. Seine Sicht der Dinge darlegen.
Ihm sei egal, was Friedrich Merz oder Christian Lindner zu seinen Ideen sagen. Habeck spricht vom Moment, "die Karten auf den Tisch zu legen und die richtigen Antworten zu geben". Jetzt könne er unbeschwert in den Wahlkampf ziehen und müsse nicht weiter auf die Befindlichkeiten der Koalitionspartner achten.
Dennoch nennt der Noch-Wirtschaftsminister das Ende der Ampelkoalition einen "historischen Fehler". Und kündigt in Lissabon bei einer Pressekonferenz an: Die nächste Bundesregierung werde keine Ampelkoalition, sonst würden die Menschen sauer.
"Vielleicht gewinne ich das Ding ja auch"
Was Habeck stattdessen für eine Regierungskonstellation für wahrscheinlich hält, sagt er nicht. Seine Partei steht im ARD-DeutschlandTrend bei zwölf Prozent.
Die Ausgangslage ist also denkbar schlecht, um von einer Kanzlerschaft zu träumen. Die Grünen drücken sich auch um den Begriff: Im Dringlichkeitsantrag für den heute beginnenden Parteitag ist nur vom "Kandidaten für die Menschen in Deutschland" die Rede.
An anderer Stelle heißt es immerhin "Robert Habeck hat das Zeug zu einem guten Bundeskanzler". Die Motivation dafür bringt er jedenfalls mit. "Also ich habe jetzt keine Lust, hier als Verlierer vom Platz zu gehen", stellt Habeck im ARD-Interview klar. "Vielleicht gewinne ich das Ding ja auch." Das Ding, die Bundestagswahl. So klingt Optimismus.
Die Unterstützung seiner Partei dürfte Habeck haben: Er war es, der als Parteichef zusammen mit Annalena Baerbock die Grünen vor der Bundestagswahl 2021 zu Umfrage-Rekorden geführt hatte. Es dort wieder hinzuschaffen, dürfte mehr als schwierig werden. Da helfen wohl auch Hoodie und lockere Sprüche nicht.